Hey Peter. Wie sind du und dein Team von Sea Shepherd auf das Problem der Überfischung von Krill aufmerksam geworden? 

Im letzten Jahr machten Forscher der Stanford University eine bemerkenswerte Entdeckung, die sowohl ermutigend als auch beunruhigend war. Sie beobachteten die größte Ansammlung von Finnwalen in freier Wildbahn seit dem Verbot des kommerziellen Walfangs im Jahr 1986: Über 1.000 Wale versammelten sich in einem großen Superpod und waren im Krillrausch. Dies ist ein Beweis für den Erfolg der Anti-Walfang-Bewegung, zu der auch Sea Shepherd gehört, da sich die Walbestände erholen. Allerdings befanden sich inmitten dieses Superpods vier riesige Supertrawler, von denen jeder einen Fischraum hatte, der groß genug war, um zwei Schwimmbecken von olympischer Größe zu füllen. Diese Schiffe zogen Netze, die groß genug waren, um einen Jumbojet zu verschlucken, und hatten es auf denselben Krill abgesehen.

Warum wird so viel Krill gefischt und wofür wird er verwendet? 

Der Krill wird abgesaugt, um drei Produkte herzustellen: Omega-3-Nahrungsergänzungsmittel, für die es pflanzliche Alternativen gibt. Der Krill enthält Omega-3 in seinen winzigen Körpern, die zu Öl zermahlen werden, da er es aus dem Phytoplankton erhält. Weder Fische noch Krill produzieren natürliches Omega-3 in ihrem eigenen Körper. Wir können jedoch direkt auf die gleiche Quelle zurückgreifen wie Fische und Krill: Algen. Krill wird auch als Fischfutterzusatz in Aquakulturen verwendet. Wildlachse haben rosafarbenes Fleisch, da sie in freier Wildbahn kleine Krustentiere fressen. Zuchtlachse hingegen haben graues Fleisch, es sei denn, ihnen wird ein Zusatzstoff zugeführt, um das Fleisch rosa zu färben. Dieser Zusatzstoff besteht aus Wal- und Pinguinfutter. Darüber hinaus gibt es einen wachsenden Markt für mit Krill angereichertes Tierfutter. Wir nehmen eine Tierart aus dem Ökosystem der Antarktis, die für dieses Ökosystem wichtig ist, um sie an Katzen und Hunde zu verfüttern.

Was ist so problematisch an der Krillfischerei? 

Das Problem besteht darin, dass im antarktischen Ökosystem keine einzige Art existiert, die nicht direkt oder indirekt vom Krill abhängig ist, um zu überleben. Bartenwale wie Finn- und Buckelwale, verschiedene Pinguin- und Robbenarten beziehen über 96 % ihrer Kalorienzufuhr aus Krill. Wenn der Krill aus dem Ökosystem entfernt wird, hat dies verheerende Auswirkungen auf alle anderen Tiere in der Antarktis. In den letzten 30 Jahren ist die Krillpopulation in der Antarktis bereits zurückgegangen, da die Meereisbedeckung aufgrund des Klimawandels abnimmt. Die Anzahl der trächtigen Buckelwale nimmt ab, da sie nicht genug Krill zum Fressen finden. Im Jahr 2017 konnten 86 % der trächtigen Buckelwale ihre Schwangerschaft erfolgreich abschließen. Drei Jahre später, im Jahr 2020, waren nur noch 29 % in der Lage, ihre Kälber zur Welt zu bringen. Der Grund dafür ist der Mangel an Krill als Nahrungsquelle.

Warum ist die Krillfischerei immer noch erlaubt?

Es gibt Pläne, in der Antarktis neue Meeresparks einzurichten, auch in Gebieten, in denen die Krill-Fangflotte aktiv ist. Dadurch würde die Krillfischerei faktisch verboten werden. Allerdings müssen alle Entscheidungen innerhalb des zwischenstaatlichen Gremiums, das die Fischerei regelt, einstimmig getroffen werden. China und Russland haben bisher immer Maßnahmen zum Schutz des Krills blockiert.

Du und Sea Shepherd seid in die Antarktis gereist, um auf die massive Überfischung des Krills aufmerksam zu machen und diese idealerweise einzudämmen. Was hat euch dort erwartet und was konntet ihr erreichen?

Wie die Stanford-Forscher entdeckten, haben auch wir die Megapods von fressenden Walen gesehen. Aber es waren nicht nur vier, sondern neun Supertrawler, die sich durch ihre Nahrungssuche schleppten. Letztes Jahr gab es einen Versuch der Fischereiindustrie, die Krillquote zu verdoppeln. 

Unter anderem aufgrund der durch unsere Kampagne erzeugten Medienaufmerksamkeit wurde die Krillquote nicht erhöht. Das war ein Erfolg. Aber eine Krillquote von Null wäre auch ein Sieg. 

Was können wir tun? Was ist die Lösung für die Überfischung von Krill? 

Wir müssen das Gesetzt ändern.

Infos zum Film „The Return To Antarctica“

• Länge: 20 min (Int. OCEAN FILM TOUR edit)
• Tour: Volume 10
• Regie: Robbie Newby
• Produktion: 2023, bigSMALL TV, Sea Shepherd Global

Über Peter Hammerstedt

Peter Hammerstedt ist Director of Campaigns bei Sea Shepherd Global und setzt sich seit 20 Jahren für den Schutz der Ozeane ein. 2014/15 verfolgte er mit der „Bob Barker“ den illegalen Fischtrawler „Thunder“. 2016 erhielt er die „Winsome Constance Kindness Gold Medal for Humanitarian Service.“

Alle Infos über die Ocean Filmtour und Tickets findet ihr hier! 

Infos zu Sea Shepherd gibt es hier. 

Fotos: Sea Shepherd/Ocean Filmtour