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Anthony Dutruy

Ski

“Speedriding ist kein Freestyle” – Im Interview mit Anthony Dutruy bei der EOFT 2025

Anthony Dutruy begann seine Ski-Karriere in jungen Jahren auf der Junior Freeride World Tour, wo er die Lines mit beeindruckender Präzision und Mut meisterte. Nach dem Ende seiner Wettbewerbskarriere suchte er nach einer neuen Herausforderung und wurde im Speedriding fündig. Dieser faszinierende Sport verbindet Skifahren und Paragliding zu einem einzigartigen Erlebnis. Riskanter als reines Freeriden, erfordert er noch mehr Planung, Abwägung und Können. Schnell wurde Speedriding zu seiner großen Leidenschaft, und heute befährt und befliegt Anthony Faces, von denen viele Skibegeisterte nur träumen können.

Anthony Dutruy Drop the Line EOFT 25
©Anthony Dutruy

Sein neuestes Abenteuer ist im Film „Drop the Line“ zu sehen, der bei der EOFT 2025 Premiere feiert.

Anthony, du kommst eigentlich aus dem Freeriden, oder? Wie bist du dann beim Speedriding gelandet? 

Genau, ich bin mit dem Skifahren groß geworden und war schon als Teenager auf der Freeride World Tour unterwegs. Irgendwann hatte ich dann eine Knieverletzung und wusste, dass große Cliffjumps vielleicht schwierig werden. Ich wollte aber weiter in den Bergen unterwegs sein, auf Lines, die für andere unzugänglich sind. So bin ich zum Speedriding gekommen.

Was ist das Faszinierende am Speedriding für dich?

Es ist die Kombination aus Fliegen und Skifahren. Du nutzt das Gelände, um Geschwindigkeit aufzubauen, hebst ab, schwebst knapp über dem Boden, landest wieder und fährst weiter. Es fühlt sich an, als würdest du die Natur direkt spüren, die Geschwindigkeit, den Wind, den Schnee. Und jedes Mal ist es anders.
Aber man darf nicht vergessen: Es ist auch extrem technisch. Du kannst nicht einfach improvisieren. Jede Linie wird vorher minutiös geplant: Wo du startest, wo du landest, welche Hindernisse es gibt. Kabel, Felsen, Bäume, das alles musst du vorher kennen. Im Flug ist keine Zeit mehr für Entscheidungen.

Wo bist du meistens unterwegs?

Mein Home Spot ist Glacier 3000 bei Les Diablerets in der Schweiz. Aber grundsätzlich bin ich ständig unterwegs. Je nach Bedingungen, Wetter und Projekten. Wir haben in der Schweiz das Privileg, dass es unendlich viele Spots gibt. Manchmal entscheidest du dich erst am Abend davor.

Das macht den Reiz aus und hält dich wachsam.

Wie läuft so ein Flug eigentlich ab?

Das beginnt Tage oder Wochen vorher. Ich plane meine Lines mit Google Earth, checke Wind, Schneelage, Kabel oder Hindernisse.  Ich mache manchmal Erkundungsflüge mit einem größeren Schirm, um das Gelände besser kennenzulernen. Oft filme ich dabei und studiere später zu Hause die Route ganz genau.

Vor jedem Flug visualisiere ich den gesamten Ablauf, von der Abflugstelle bis zur Landung. Das hilft enorm, weil im Flug selbst alles sehr schnell geht. Fehler kannst du dir nicht leisten, denn mit einem Speedride-Schirm gibt es kein Zurück nach oben, also keine Thermik, kein „Abfangen“. Wenn du falsch kalkulierst, fliegst du direkt in die Bäume. Darum weiß ich vor jedem Flug ganz genau, wo ich starte, wo ich fliege, wo ich lande. Spontanität ist beim Speedriding keine Option.


Anthony Dutruy Drop the Line EOFT 25
Anthony Dutruy Drop the Line EOFT 25

Du benutzt beim Speedriding anderes Material als beim “normalen” Paragliding, oder?

Als ich mit Paragliding begann, hatte ich 25 Quadratmeter Fläche. Jetzt fliege ich einen 6-Quadratmeter-Schirm. Das bedeutet: viermal weniger Fläche, also viermal mehr Speed. Du fliegst nicht, du schneidest durch die Luft. Mit Ski landest du relativ weich, weil du Geschwindigkeit in einen Flare und Gleitphase umwandelst. Zu Fuß wäre das kaum möglich.

Speedriding wirkt für Außenstehende oft wie totaler Wahnsinn. Wie sicher ist das wirklich?

Ich sage immer: Speedriding ist kein Freestyle, es ist pure Präzision. Wenn du alles richtig machst, ist es sicher. Wenn du etwas vergisst, ist es brutal gefährlich. Deshalb habe ich feste Routinen: Materialcheck, Windcheck, Startcheck. Ein kleiner Fehler, ein Knoten in der Leine, und du hast keine zweite Chance.

©Anthony Dutruy
©Anthony Dutruy

Ging es schon mal schief?

Ich hatte ein paar brenzlige Momente, aber keinen großen Crash beim Speedriden. Beim Paragliding schon und das hat gereicht, um zu wissen, wo meine Grenzen liegen.

Du hast zusammen mit Freunden den Film Drop the Line produziert, der dieses Jahr auf der European Outdoor Film Tour gezeigt wird. Was war das Ziel des Projekts?

Wir wollten zeigen, dass Speedriding nicht nur Wahnsinn ist, sondern Können, Planung und Timing erfordert. Viele Leute sehen nur Actionshots aus Drohnen. Aber was man nicht sieht: die Tage davor, das Scouting, die Vorbereitung.

Im Film steckt viel Handarbeit. Ob Kamera auf dem Ski, Aufnahmen bei Sonnenaufgang, Touren mit dem Tandemschirm, um an den Spot zu kommen. Für eine Szene sind wir eine Stunde aufgestiegen. Das alles, um den Moment der Kontrolle einzufangen und nicht das Chaos.


Wie groß ist die Szene überhaupt und wie lernt man so etwas?

Die Szene wächst. Vor allem durch Social Media sehen mehr Menschen, was wir machen. Aber es bleibt ein Nischensport, weil du sowohl ein sehr guter Skifahrer als auch erfahrener Gleitschirmpilot sein musst. In der Schweiz und in Frankreich gibt es mittlerweile Speedride-Schulen, aber Voraussetzung ist immer ein Paragliding-Schein und viele Flugstunden. Sonst fehlt dir das Gefühl für Aerodynamik und Gefahr.

Kannst du vom Speedriding leben?

Noch nicht. Ich studiere derzeit im Master Business Management, zuvor habe ich Biologie studiert. Nebenbei arbeite ich an einem Start-up, das eine Technologie entwickelt, mit der man bei Lawinenverschüttung weiter atmen kann.

Speedriding ist meine Leidenschaft, aber nicht mein Einkommen. Für den Film wurde ich von Downskis unterstützt, einer Freeride-Brand. Ohne solche Partner wären solche Projekte kaum möglich.

 

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Social Media ist heute fast Pflicht. Wie wichtig ist dir das?

Erst durch das Filmprojekt habe ich angefangen, regelmäßig zu posten. Mir geht es aber nicht um Klicks oder Reichweite. Wenn ein Clip viral geht, freut mich das, weil mehr Leute den Sport entdecken, aber ich jage dem nicht hinterher. Wenn du anfängst, für Likes Risiko einzugehen, wird’s gefährlich. Mein Ziel ist, lange gesund zu bleiben. Nicht berühmt.

Anthony Dutruy Drop the Line EOFT 25

Wie gehst du mit Druck um, also von Sponsoren oder Filmemachern, die „den perfekten Shot“ wollen?

Das Wichtigste ist, Nein sagen zu können. Wenn du oben stehst und merkst: Heute passt es nicht, dann darfst du dich nicht vom Kameramann, dem Sponsor oder der Erwartung treiben lassen. Ich habe gelernt: Es gibt immer ein nächstes Mal. Der Berg läuft nicht weg und du musst nur lang genug leben, um wiederzukommen.

Was würdest du jemandem raten, der Speedriding ausprobieren will?

Ganz klar: Geduld. Man darf nichts überstürzen. Man sollte zuerst sehr gut Ski fahren und Erfahrung mit Paragliding sammeln. Dann kann man Schritt für Schritt kleinere Wings ausprobieren. Und vor allem sollte man die Berge verstehen lernen, wie sie sich verändern, wie der Wind weht, wie Schnee reagiert. Es ist eine Umgebung, die man respektieren muss.
Wer sich die Zeit nimmt, das alles zu lernen, kann etwas erleben, das es so in keinem anderen Sport gibt. Und vergiss nie das wichtigste Sprichwort in unserem Sport:

„Ein guter Pilot ist ein alter Pilot.“

Das heißt: Wer lange fliegt, lebt sicher. Nicht, wer am meisten riskiert.

Anthony Dutruy Drop the Line EOFT 25

Was bedeutet dir Speedriding persönlich?

Freiheit. Diese Mischung aus Schnee, Wind und Geschwindigkeit. Man kann Linies fahren, die du sonst nie sehen würdest. Aber es ist kein Spiel. Du musst wach bleiben, du musst Respekt haben. Und genau das liebe ich daran.

Dank Dir für das nette Gespräch und weiterhin viel Erfolg!


Den ganzen Film von Anthony Dutruy könnt ihr auf der EOFT 2025 sehen. Die Termine und Tickets findet ihr hier:


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