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MTB

Spot-Check: Mountainbiken im Ruhrpott

Finde mit uns heraus, was die Trails im Ruhrpott wirklich hergeben

Text und Fotos: Helge Lamb

Die Gerüchte, dass Mountainbiken im Ruhrpott gar nicht so verkehrt wäre, haben sich in letzter Zeit gehäuft. Als MTB-Urlaubsziel ist das Gebiet jedoch eindeutig nicht bekannt. Wir haben uns ein Bild von dem gemacht, was auf den Trails rund um Dortmund wirklich geht.

Mein erster richtiger Kontakt mit dem Gebiet, das man landläufig unter dem Namen Ruhrpott kennt, fand während einer Exkursion im Rahmen meines Studiums statt. Wir sollten uns damals in einer verdammt feuchten Novemberwoche fotografisch mit dem Schmelztiegel zwischen Duisburg, Dortmund und Essen und seinen Besonderheiten auseinandersetzen.

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Wir klapperten also das Touri-Standardprogramm ab und erklommen verrostete Hochöfen im Duisburger Landschaftspark Nord, irrten auf der von dichtem Nebel umhüllten Halde Hoheward herum und schüttelten den Kopf über die unzähligen aneinandergereihten Fastfood-Buden in Dortmunds Super-Shopping-Mall. Das Wetter blieb konstant kalt, feucht und nebelig, was der allgemeinen Stimmung nicht gerade zuträglich war. An Mountainbiken im Ruhrpott habe ich damals keine Sekunde gedacht.

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Nachdem wir sechs Tage lang durch trostlos wirkende Großstädte und im Schatten von rostigen Stahl-Kolossen über brach liegendes, von stillgelegten Gleisen durchzogenes Ödland gestiefelt waren, fuhren alle am Abend des letzten Tages vorzeitig nach Hause, da jeder die Nase voll vom Ruhrpott-Flair hatte.

Szenenwechsel. Ich sitze mit meinen Freunden Stephi und Alex einige Monate später irgendwo in Freiburg auf der Terrasse eines Bungalows und stopfe mir den Bauch beim Grillen voll. Wir waren an diesem Wochenende zum ersten Mal in der Mountainbike-Trendstadt zu Besuch und hatten uns den ganzen Tag von freundlichen Locals die unglaublichen Trails des Freiburger Umlandes zeigen lassen. Immer noch absolut begeistert von dem Angebot, das wir dort für Spielarten des Mountainbikens entdeckt hatten, schwelgten wir gemeinsam in den überwältigenden Eindrücken der vorangegangenen Stunden.

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Irgendwann setzte sich unsere Gastgeberin Bettina, die an diesem Abend ihren Abschied aus Freiburg feierte, zu uns und wir kamen sofort mit der sportlichen und immer gut gelaunten Enduro-Rennfahrerin ins Gespräch. Natürlich mussten wir irgendwann die Frage stellen, die uns allen auf der Zunge lag: „Wieso um alles in der Welt zieht man als Mountainbiker von Freiburg nach Dortmund?“ Ihre Antwort damals war, dass sich der Freiburg-Lifestyle auch irgendwann abnutzt und dass es in Dortmund schließlich auch gute Spots zum Radfahren gäbe. Wir konnten ihr das angesichts unserer damaligen akuten Trail-Überdosis aber nur schwer glauben.

Sprung in die Gegenwart. Die Frage, was denn jetzt genau im Ruhrpott auf zwei Rädern abgeht, soll an diesem Wochenende endlich auch für uns beantwortet werden. Die mittlerweile bestens im Pott angekommene Betti hat sich bereit erklärt, uns den Beweis für ihre damalige Aussage nachzureichen!

Nach mehreren Stunden auf der Autobahn kommen wir Freitag Mittag bei unserem Guide Betti an, die am Rand von Dortmund wohnt. Wir stellen das Auto ab, laden die Bikes aus und machen uns gleich zusammen auf den Weg in Richtung Wald. Das Wetter ist perfekt, die Stimmung ausgelassen und wir sind froh, uns nach der langen Autofahrt endlich wieder bewegen zu können. Ein paar Minuten rollen wir noch entspannt über Asphalt durch den Randbezirk Dortmunds, fahren unter ein paar größeren Autobahnbrücken hindurch, durchqueren dann einen Stadtpark und finden uns schnell im Stadtwald wieder.


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Im nächsten Moment sind wir schon auf dem ersten Trail, der sich fast wie ein Pumptrack durch etliche Senken schlängelt und mit regelmäßigen Wurzelpassagen und rutschigen Traversen direkt unsere Aufmerksamkeit fordert. Während wir uns darauf konzentrieren, an Betti dran zu bleiben, wird uns bewusst, dass wir jetzt hoffentlich genau das bekommen, was wir uns von dem Besuch erhofft hatten: Ruhrpott, zeig uns was du kannst!

Wir dringen immer weiter in den Wald vor und nehmen alles an Trails mit, was sich in unsere Feierabendrunde einbauen lässt. Zunächst handelt es sich dabei um gut ausgefahrene Singletrails, die uns mit mehreren Anliegerkurven und Richtungswechseln zum verspielten Fahren einladen. Während eines kurzen Zwischenstopps sammeln wir Florian an einem Waldparkplatz ein, der uns mit seiner entspannten Art gleich sympathisch ist.


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Zu viert stürzen wir uns wieder ins Grüne und auf die wartenden Trail-Leckerbissen. Wir merken: Die Trails sind hier aufgrund der gemäßigten Höhenmeter meistens relativ kurz, aber dafür sehr abwechslungsreich und eigentlich immer so angelegt, dass man auch beim ersten mal Fahren super durchkommt. Der Untergrund wird nach und nach steiniger, die Abfahrten immer steiler. Wir kommen an enge Kehren, in denen man genau die Line treffen muss und Steilabfahrten, die in uns das Adrenalin wecken. Wow, sind wir hier im Gebirge?

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Etlichen Abfahrten später, nach ständigem Rauf und Runter sowie einer Trailüberraschung nach der anderen kommen wir an einem der beliebtesten Aussichtspunkte der Region an. Uns bietet sich ein wunderbarer Ausblick über die Ruhrebene, den wir an dieser Stelle wirklich nicht erwartet hatten. Wir merken: Auch landschaftlich hat der Ruhrpott so einige Überraschungen parat. Wir genießen die Abendstimmung und atmen kurz durch, bevor es über etliche Steinstufen und enge Kehren wieder bergab geht.

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Bei anbrechender Dunkelheit machen wir uns schließlich auf den Rückweg zu Bettis Wohnung. Wir sind alle bei bester Laune und grinsen aufgrund der zuvor verabreichten Trail-Infusion von einem Ohr zum anderen. Die Heimfahrt führt unter anderem durch diese Postkarten-würdige Landidylle und wir sind ein weiteres Mal überrascht, wie schön es hier doch ist.


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Kurz vor unserer Unterkunft machen wir noch bei einem der typischen Büdchen des Ruhpotts halt und runden die Ausfahrt mit einem kalten Bier ab. Während wir bezahlen, merken wir, dass man hier trotz Großstadt schnell per Du ist und fühlen uns herzlich willkommen in einer Stadt, von der ich eher das Gegenteil erwartet hatte. Spätestens jetzt bin ich mir sicher, dass ich mit meiner Meinung über den Ruhrpott ganz schön daneben lag.

Am Morgen des zweiten Tages ist uns allen klar, dass wir heute wieder so viele Trails wie möglich mitnehmen wollen. Nach dem Frühstück drehen wir aber zuerst noch auf einem Pumptrack in Rufweite von Bettis Wohnung ein paar Runden zum Aufwärmen. So viel Zeit muss schließlich sein!


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Wir jagen uns mit den Hardtails durch die Anlieger und freuen uns über die Schatten spendenden Bäume ringsherum. Hier lässt es sich aushalten! Betti erzählt uns von der lokalen Szene und den kleinen Events, die hier hin und wieder stattfinden. Die Liste an angenehmen Überraschungen will offenbar nach wie vor kein Ende nehmen.


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Nach unserer Dirtbike-Session beladen wir die Autos und treffen uns wieder mit David, mit dem wir uns für diesen Tag in der Nähe von Witten verabredet hatten. Nachdem wir den direkt am Parkplatz beginnenden ersten kurzen Anstieg spielend überwunden haben, starten wir mit dem ersten richtigen Trail des Tages. Betti fährt voraus und ehe wir uns versehen, finden wir uns inmitten eines dichten Dschungels wieder.


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„Ich finde es total gut, gerade einfach mal entspannt hier in diesem schönen Stück Wald zu liegen“

Unser Begeisterungslevel ist am oberen Ende der Skala angelangt: Abfahrten von diesem Kaliber hatten wir hier niemals erwartet. Immer wieder müssen wir anhalten und Fotos von der grandiosen Szenerie machen. Florian liegt während einer unserer Fotosessions neben dem Trail im Gras und freut sich: „Ich finde es total gut, gerade einfach mal entspannt hier in diesem schönen Stück Wald zu liegen“. Der Ruhrpott als Natur-Erholungsgebiet? Wer hätte das gedacht. Wir verbringen einige Zeit mit Fotoaufnahmen und Betti erzählt uns die ein oder andere wilde Story über die beliebte Abfahrt.

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Der Nachmittag neigt sich schneller dem Ende zu, als wir es wahrhaben wollen. Inzwischen befinden wir uns auf einem Trail mit leichtem Bikepark-Charakter, der sich durch staubige Steilkurven über eine steile Freifläche schlängelt und irgendwie Toskana-Feeling in uns aufkommen lässt. Am Horizont beobachten wir die angekündigten Gewitter, die sich über der Stadt entladen. Wir bleiben trocken und schieben noch einmal die staubige Abfahrt hoch.


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Der Trail taucht in seiner zweiten Hälfte schließlich in den Wald ein und endet in offenen Kurven und einigen Sprüngen. Auch hier halten wir wieder an und schieben eine spontane kurze Jump-Session auf einem der Doubles ein.

Florian versucht, spontan einen Weitsprungrekord aufzustellen, während wir ihn johlend anfeuern. Wir machen uns schließlich auf den Weg nach Hause, nehmen aber zum Abschluss noch einen bekannten legalen Spot mit, auf dem es mehrere Lines mit Sprüngen und Anliegern aller Art gibt. Es ist schon recht dunkel und wir sehen nur einen Teil des Geländes, aber hier könnte man sicher auch locker einen Nachmittag verbringen.

Am Abend unseres zweiten Tages fahren wir noch einmal mit den Dirtbikes in die City, um uns mit Bekannten von Betti im Biergarten zu treffen. Die Leute sind überall offen und freundlich, uns wird von Fremden ein schöner Abend gewünscht und als wir auf dem Heimweg kurz zur Orientierung aufs Handy schauen, werden wir gleich angesprochen, ob wir Hilfe bräuchten. Ruhrpott, du zeigst dich von deiner besten Seite.

An unserem letzten Tag fahren wir zur Halde Hoppenbruch. Hier hat der Verein „Freeride Club Herten e.V.“ etliche Trails legalisiert und einen Enduro-Rundkurs mit 4,4 Kilometern Länge angelegt. Wir werden wieder mit perfektem Bikewetter beschenkt und schon während des Ausladens sehen wir, dass hier etliche Biker aller Disziplinen unterwegs sind. Auf dem Weg zum Gipfel kommt bereits Bikepark-Feeling auf: Die Abfahrten bestehen aus Gaps aller Größen, flowigen Anliegern und vielen Kurven. Was hier auf die Beine gestellt wurde, ist ein tolles Gravity-Übungsgelände und perfekt geeignet für das regelmäßige Abfahrtstraining.

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Im Zuge des sehr entspannten Uphills kommen wir auch an dem größten Sprung der Abfahrt vorbei, vor dem sich viele Fahrer versammelt haben, um die gebotene Action zu verfolgen. Oben angekommen entscheiden uns aber für eine der weniger frequentierten Abfahrten, da wir unserer Reise noch mit der Aussicht von der für ihr Observatorium bekannten Halde Hoheward abrunden wollen.

Nach einer überraschend langen und vielseitigen Abfahrt, die sich sicher mit manch einem Bikepark messen kann, umrunden wir die Halde Hoppenbruch und fahren weiter Richtung Observatorium. Um auf das Plateau der nächsten Halde zu gelangen, gibt es viele Wege, die sich mit geringer Steigung sehr entspannt den Hang entlang ziehen. Einige sind sinnvollerweise als offizielle MTB-Trails ausgeschildert.


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Am Fuße des gigantischen Observatoriums schließt sich plötzlich der Kreis, denn ich stehe gerade zum zweiten Mal in meinem Leben oben auf dieser Halde. Nur ist dieses mal einfach alles anders. Während mein Blick über die weite Ebene unter mir wandert, breitet sich vor meinem geistigen Auge eine mehrjährige Verkettung von Ereignissen aus, die mich letztendlich zurück an diesen Ort gebracht hat.


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Mir wird wieder einmal bewusst, dass Radfahren einfach zu den großartigsten Dingen zählt, mit denen man seine Zeit verbringen kann! Unser Hobby verbindet Menschen, ungeachtet von Entfernung, Lebensumständen und Alter und ermöglicht uns, gemeinsame Erlebnisse und tiefe Einblicke, die den Beteiligten sonst vielleicht niemals zuteil geworden wären. Während ich bei meinem ersten Besuch hier lustlos im kalten Nebel herumstapfte, weht mir jetzt ein warmer Wind ins Gesicht und ich würde dieses Gebiet gerne noch viel länger erkunden.

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Mein früheres Gefühl des Fremdseins in einer abweisenden und unzugänglichen Umgebung wurde von dem herzlich-warmen Empfang und den fantastischen Erlebnissen der vergangenen Tage komplett weggefegt. Ich würde sagen, wir haben eine ganz deutliche Antwort auf die Frage gefunden, ob sich Mountainbiken im Ruhrpott lohnt. Wenn ich in Zukunft an den Ruhrpott denke, dann fällt mir sofort Folgendes ein: Oh Yeah!

Fahrer:
Betti Lysko
Stephanie Engeler
Florian Hetschold

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