National Geographic zeichnete ihn unlängst als “Adventurer of the Year 2019” aus, was einem Ritterschlag gleichkommt. In seiner Heimat Polen werden erfolgreiche Extremsportler wie er als absolute Superstars verehrt: Die Rede ist von Adam Bielecki, Vollblut-Höhenbergsteiger mit abgeschlossenem Psychologie-Studium, bei dem wohl nur Gleichgesinnte und Wegbegleiter das wahre Leistungsvermögen in hochalpinem Gelände realistisch einschätzen können.
Einen großen Namen unter den weltweit besten Alpinisten hat sich der 36-Jährige durch seine Himalaya-Expeditionen und Erstbegehungen erarbeitet. Mit technisch anspruchsvollen Routen – ausgerechnet in den berüchtigten Wintermonaten – sucht Adam genau jene beinahe übermenschlichen Herausforderungen, denen selbst gestandene Profi-Bergsteiger höchsten Respekt zollen. Durch die Weltpresse ging die dramatische wie tragische Rettungsmission am Nanga Parbat, bei der er gemeinsam mit Denis Urubko der befreundeten Élisabeth Revol Anfang 2018 das Leben rettete.
Wir wollen mehr über einen besonderen Menschenschlag erfahren, der solche Extreme aktiv sucht und ohne zusätzlichen Sauerstoff zu außergewöhnlichen Leistungen in lebensfeindlichem Terrain fähig ist. Bereits kurz vor unserem Treffen bekommen wir bei seinem Partner BLACKYAK einen ersten Einblick: Adam hat im Hintergrund eben noch die Füße hochgelegt, die Arme hinter dem Kopf verschränkt, wirkt tiefenentspannt, als ihm sein Manager Janusz von der Seite zuruft, dass das Interview losgehe. Energie schießt blitzartig durch den austrainierten Athleten, der keine drei Sekunden später mit verschmitztem Lächeln vor uns steht. Sympathisch tanzende Augen verraten direkt, dass der Mann einiges zu erzählen hat…
Explore Magazine: Was war die wohl denkwürdigste Klettererfahrung in deiner bisherigen Karriere?
Adam Bielecki: Dazu würde ich ganz klar den Makalu zählen, meinen ersten Achttausender im Himalaya vor knapp neun Jahren. Aber auch die Winter-Erstbesteigungen wie etwa die am Gasherbrum I bedeuten mir sehr viel. Wertschätzung empfinde ich grundsätzlich für alle Expeditionen, ob nun erfolgreich oder nicht. Sie definieren mich als Kletterer – auch die am Broad Peak, die für zwei meiner engen Freunde so tragisch endete.
Wann kam für dich der Wendepunkt, ab dem du deinen Sport voll und ganz professionell betreiben konntest?
Ich bin einer der Typen, die eigentlich ihr ganzes Leben lang Kletterer werden wollten. Schon als Achtjähriger kam das als Antwort, wenn mich jemand nach meinem Berufswunsch gefragt hat. Den Traum hatte ich also schon lange, aber tatsächlich entschied ich nach der erfolgreichen Gipfelbesteigung am Makalu im Jahr 2011, dass ich Klettern auf sehr hohem athletischen Niveau beruflich betreiben möchte. Um das auf einem gewissen Level ausüben zu können, musste ich mich ab diesem Zeitpunkt der Sache voll und ganz widmen. Das bedeutete automatisch, dass neben Training und Klettern kein Raum mehr bleibt für einen anderen Job. Seitdem würde ich mich als professioneller Bergsteiger bezeichnen.
Wie wichtig ist in Extremsituationen die richtige Ausrüstung?
Winter-Expeditionen auf Achttausender wie meine fünf bisher sind schon länger fast so etwas wie eine polnische Spezialität. In all den Jahren war ich nie wirklich zufrieden mit den Daunenanzügen, deswegen betrachte ich den “Watusi” als meinen Sprössling, den wir zusammen mit dem Team von BLACKYAK entwickelt haben und der viele revolutionäre Lösungen wie etwa die Weste beinhaltet, die so vorher nie bei einem Down Suit umgesetzt wurden. (Details erklärt Adam im Clip weiter unten; Anm. d. Red.). Genutzt habe ich den Anzug z.B. auf dem K2 und bei der Rettungsmission am Nanga Parbat, wo ich auf über 6000 Metern im Winter ohne Zelt und ohne Schlafsack die Nacht verbringen musste. Da war es verständlicherweise extrem kalt, aber ich habe es mit dem Anzug ohne Erfrierungen gut überstanden.