Kelly Slater – Vertrag mit dem Meer
Wer Kelly Slater besser verstehen möchte, muss den erfolgreichsten Surfer der Geschichte im Wettkampf erleben. Der wohl berühmteste Satz über den Mann, er habe “einen Vertrag mit dem Meer”, verdeutlicht schon sein schwer greifbares Talent.
Der Satz klingt wie ein Mythos, er überhöht die komplexe Symbiose vom athletischen Können und der intuitiven Einschätzung der Wellen. Er erhebt Slater subtil zur lebenden Legende.
Wenn man so viel Zeit seines Lebens im Wasser verbringt, beginnt man das Meer zu verstehen. Man versteht, wo der richtige Ort ist, um eine Welle zu bekommen.
Die Aussage, der Amerikaner bekäme die besten Wellen vom Ozean passend geschickt, zeugt von Bewunderung für eine unvergleichliche Intuition.
Im Unterschied zu den meisten Sportarten bietet das Meer keine genormten Bedingungen – wie etwa die exakten Maße eines Tennisplatzes. Instinktives Vorhersehen der anrollenden Wellen wird zum entscheidenden Faktor.
Der Instinkt sei zuerst da, er versuche immer auf sein Gefühl zu hören, beschreibt er selbst den entscheidenden Moment.
“Wenn man so viel Zeit seines Lebens im Wasser verbringt, beginnt man das Meer zu verstehen. Man versteht, wo der richtige Ort ist, um Wellen zu bekommen”, erklärt der mittlerweile 43-Jährige.
Momente, in denen Slater als nahezu unschlagbar erscheint, gab es einige in der Vergangenheit. 2013 gewann er beispielsweise ziemlich eindrucksvoll den ersten Weltcup der Saison im australischen Kirra.
Im Finale des Quiksilver Pro Gold Coast besiegte er den Lokalmatador Joel Parkinson, damals amtierender Weltmeister. Tausende Zuschauer am Strand durften bereits zuvor im Halbfinale Zeugen des Phänomens Slater werden.
Der Australier Mick Fanning hatte komfortabel bis kurz vor Schluss geführt – dann wendete sich das Blatt. Vier Minuten vor dem Ende trumpfte der Altmeister mit einem langen Tuberide auf. Ekstase bei den Zuschauern, alle Juroren zückten die äußerst selten vergebene Höchstnote 10.
“Es ist hart, auf diese Weise auszuscheiden, aber meine Enttäuschung hält sich in Grenzen. Er hat einfach seine Kelly-Nummer abgezogen und seine 10 geholt”, kommentierte Fanning relativ nüchtern die entscheidende Wertung.
Slater hat irische und syrische Vorfahren, er absolviert intensive Fitnessprogramme, ernährt sich extrem gesund und trinkt keinen Alkohol. 1998 begründete er seinen Ausstieg aus der Welttour mit fehlender Motivation nach fünf Titeln in Folge. Durch die Krebserkrankung seines Vaters verschob er ein Comeback, um erst 2003 auf die Bühne des professionellen Surfens zurückzukehren.
Es war zugleich das Jahr seiner größten Niederlage: Am Ende der Weltcup-Serie, beim letzten Wettkampf auf Hawaii, gab er den Titel noch aus den Händen. Unvergessen bleibt der erschütterte Gesichtsausdruck, als er seinem größten Konkurrenten und Erzrivalen die Trophäe überlassen musste, dem 2010 verstorbenen Hawaiianer Andy Irons.
Vergangenes Jahr bezeichnete das Magazin “Sports Illustrated” Slater als den wahrscheinlich dominantesten Athleten, den es je gegeben hat.
Diesen Zweikampf mit seinem wohl einzigen wirklich ebenbürtigen Gegner über einen längeren Zeitraum empfand er immer wieder als Demütigung. Daraus zog er seinen Ehrgeiz für die folgenden Jahre.
Heutzutage wirkt Slater deutlich gelassener, verglichen mit der Verbissenheit vergangener Jahre, die ihn laut eigener Aussage “fast zerstört” hätte.
Er setzt sich für den Schutz dea Ozeans und dessen sensibler Riffe ein, seine Prioritäten verschieben sich mit der Zeit.
Die Beobachter bemühten in der Vergangenheit viele Bilder, um sein Talent zu beschreiben, verglichen wurde er sogar mit den größten Sportlern von Michael Jordan bis Muhammad Ali. Vergangenes Jahr bezeichnete das Magazin “Sports Illustrated” Slater als “den wahrscheinlich dominantesten Athleten, den es je gegeben hat”.
Der Kommentator in Queensland brachte auf den Punkt, was auch in diesem Jahr weiterhin aktuell bleibt: “Jeder auf der Tour sollte beunruhigt sein, wenn er aufdreht.”
Denn der gleichzeitig jüngste und älteste Weltmeister der Surfgeschichte kämpft auf der Dream Tour wieder um die Krone.
Es wäre sein zwölfter Titel.