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Surf

Kai Lenny: Waterman als Berufung

Kai Lennys Aufstieg zum besten Waterman der Welt war alles andere als ein Zufall. Das zeigt ein Blick auf seine Kindheit.

Jede Sportart hat diesen einen Star, bei dem sich eine große Karriere bereits im zarten Kindesalter abzeichnete. Tiger Woods konnte kaum sprechen, als er mit zwei Jahren (!) in der „The Mike Douglas Show“ ein paar Bälle schlug. Steffi Graf galt schon im Alter von fünf Jahren als Ausnahmetalent und gewann nennenswerte Tennis-Turniere. Und auch bei Kai Lenny war spätestens Anfang der 2000er Jahre klar, dass aus dem jungen Hawaiianer kein Versicherungsmakler, sondern ein berühmter Surfer wird.

Schließlich verfügte Kai Lenny von Beginn an über alle Zutaten in seinem Leben, die einen erfolgreichen Waterman machen. 1992 auf Maui geboren, bekommt er von seinen Eltern den Namen Kai, was Hawaiianisch für Ozean ist. Vater Martin und Mutter Paula sind passionierte Windsurfer, als sie sich auf Maui kennenlernen und eine Familie gründen. Ihre Liebe für Wassersport und Windsurfen im Speziellen geben sie ihrem ersten Sohn und seinem jüngeren Bruder Ridge von Anfang an mit auf den Weg. So wächst Kai nicht nur in einer Wassersportler-Familie auf, sondern auch in einem Haus, das nur unweit der North Shore steht, wo er seinen Vorbildern Laird Hamilton, Dave Kalama und Co. in Pe’ahi zuschauen kann.

Im Grundschulalter von neun Jahren konnte Kai außerdem stand-up-paddlen, kiten, foilboarden und tow-in-surfen.

Die Lenny-Familie verbringt ihre Freizeit meistens am Strand und kaum ist Kai alt genug, zu sprechen und zu laufen, paddelt er mit seinen Eltern hinaus. Mit vier Jahren nennt er sich einen Surfer, zwei Jahre später fügt er Windsurfer hinzu. „Als Kind war ich voller Energie, die ein Ventil brauchte“, sagt uns Kai heute. „In der Schule habe ich viel Cross-Country-Laufen gemacht, um diese Energie freizusetzen.“ Im Grundschulalter von neun Jahren kann Kai außerdem stand-up-paddlen, kiten, foilboarden und tow-in-surfen. Jedesmal dauert es bei einer neuen Sportart nur wenige Wochen, bis er diese so gut beherrscht, dass man auf ihn aufmerksam wird.

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Kai Lenny mit seinen Eltern Paula und Martin an einem Strand auf Maui.

„Als kleiner Junge spielte ich auch ab und zu mit den anderen Fußball“, erzählt Kai. „Aber eigentlich wollte ich die ganze Zeit nur Wellen reiten. All die verschiedenen Wassersportarten machten mir unglaublich viel Spaß und ich wollte keine von ihnen aufgeben.“ In einer Disziplin fällt Kai besonders auf: Windsurfen. Mitte der Nullerjahre gehen Videos um die Welt, wie ein kleiner zierlicher Junge in Ho’okipa Wellen schlitzt, die doppelt so hoch sind wie sein Segel. Die auf Maui ansäßige Windsurf-Industrie buhlt um die Dienste des Jungen. Manche sprechen von einem Jahrhunderttalent. „Ich wollte immer unbedingt von Robbys Company (Naish, Anm. d. Red). gesponsert werden“, sagt er in einem Interview mit dem SURF-Magazin. „Aber dann kam eines Tages jemand von einer anderen Marke zu meinem Dad und machte uns ein Angebot. Mein Vater zeigte ihm mein Zimmer, das tapeziert war mit Postern von Naish und Bildern, die ich gemalt hatte, alles mit Naish-Produkten. Da gab mein Vater mir den Rat, Robby zu schreiben und ihm zu erklären, warum ich unbedingt in das Naish-Team muss.“

„So nah an den Besten der Welt zu sein, hat meinen Weg geebnet.“

Robby Naish, 30 Jahre älter als Kai, wird zu seinem Ziehvater auf dem Wasser. Im Film „The Windsurfing Movie“ sagt er: „Kai ist zwar eine Miniatur-Version, aber schon jetzt einer der besten Surfer auf dem Wasser, so wie er die Wellen liest und wie dynamisch er sich bewegt.“ Naish stattet den jungen Waterman mit seinen Produkten zum Windsurfen, Stand-Up-Paddlen, Kiten, Surfen und Foilen aus und nimmt ihn unter seine Fittiche. Mit Laird Hamilton und Dave Kalama kommen zwei weitere weltberühmte Watermen hinzu, die Kai zu Beginn seiner Karriere unterstützen. „Es war, als würde man seine Superhelden im echten Leben treffen“, sagt Kai. „Ich schaute mir zuhause ihre Filme an, ging dann zum Strand – und da waren sie. Die ganze Zeit wollten sie mich ermutigen, das weiß ich bis heute sehr zu schätzen. So nah an den Besten der Welt zu sein, hat meinen Weg geebnet und dafür gesorgt, die vielen Wassersportarten zu machen.“

Früh gewinnt Kai zahlreiche Events.

Während die Windsurfwelt von einem neuen Robby Naish spricht und nur darauf wartet, dass Kai endlich groß genug ist, um im World Cup vorne anzugreifen, denkt das Talent selber gar nicht daran, nur an einem einzigen Standbein zu werkeln. „Wer weiß, vielleicht wäre ich erfolgreicher gewesen, hätte ich mich nur auf eine Sportart konzentriert“, blickt Kai zurück. „Aber ich bin davon überzeugt, dass die verschiedenen Wassersportarten mich insgesamt besser gemacht haben. Eine gegenseitige Bereicherung.“ Besonders im Stand-Up-Paddlen, das zu der Zeit seine Renaissance erlebt, wird Kai immer erfolgreicher. Es hagelt Weltmeistertitel, drei im Race und fünf im Waveriding. Mehrmals nimmt er an dem härtesten Rennen der Welt teil, dem 50 Kilometer langen „Molokai to Oahu“.

Kai Lenny – vom Windsurf-Talent zum Waterman

Bevor er volljährig ist, gilt Kai als Hoffnungsträger in zwei Sportarten. Er reist mehr um die Welt als so mancher Pilot, fliegt von Hawaii nach Fidschi, nach Südamerika, Spanien, Frankreich, Japan. In Deutschland tritt er im „Aktuellen Sportstudio“ des ZDF auf. Kai Lenny hat es längst geschafft, von seinen Hobbys zu leben. Doch einen echten Waterman will er sich damals noch nicht nennen. Er sagt, dass man es selber von innen heraus spüren müsse, ob man einer ist, dass man sich in allen Bedingungen und allen Situationen auf dem Wasser richtig verhalte.

„Als Kind muss man mit dem Körper arbeiten, den man hat. Den Mangel an Kraft kann man nur mit guter Technik ausgleichen.“

Mit 16 nehmen ihn Laird Hamilton und Dave Kalama mit nach Jaws. Die erste Big Wave seines Lebens surft Lenny auf einem Foil. Schon als Neunjähriger wurde er in die Skischuhe gesteckt, die damals noch die Bindungen der innovativen Boards darstellten. Foilboarding sieht zu der Zeit zwar spektakulär aus, ist aber absolut kein Sport für die breite Masse. Kai schraubt Schlaufen, die er vom Windsurfen kennt, auf die Foil-Bretter und macht sie somit einfacher zu surfen. Und dann revolutioniert er den Nischensport komplett. Zuerst nutzt er Foils für seine Race-SUPs, anschließend schraubt er die Flügel unter sein Surf-Shortboard. Er paddelt in Wellen, steht auf, lässt sich nach oben drücken und pumpt sich mit einer eigenartigen Technik gleich in weitere Wellen. Videos, wie er mehrere Minuten non-stop surft, gehen in den sozialen Netzwerken viral. Kai verbindet Foilen mit allen Wassersportarten, die er beherrscht und motiviert berühmte Nachahmer. Dass John John Florence heute gerne mit einem Foil in die Wellen geht, liegt an Kai Lenny.

Selbst ein Boogie-Board verbindet er mit einem Foil:

Kaum bricht der Foil-Hype aus, ist Kai längst an einer neuen Disziplin dran. In Jaws trainiert er von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang Big-Wave-Surfing. Mit all den Sportgeräten, die er beherrscht, spielt er in den Monsterwellen vor Maui. Locals sagen, Kai hätte zwar häufig nicht die besten Sets erwischt, aber die meisten. „Jaws war nur ein Stück die Straße runter“, erzählt uns Kai. „Ich konnte gar nicht anders, als die Jungs da draußen zu idolisieren.“ Kai, der heute 1,73 Meter groß ist und einen durchtrainierten Körper hat, war lange klein und schmächtig. „Als Kind muss man mit dem Körper arbeiten, den man hat. Den Mangel an Kraft kann man nur mit guter Technik ausgleichen – und das war meine Taktik. In Jaws zu surfen, passierte nicht über Nacht. Ich arbeitete mein ganzes Leben daran und bereitete mich mental darauf vor, als ich meinen Idolen zuschaute.“

Auch auf dem Longboard macht der junge Kai eine gute Figur.

Der Rest ist Geschichte. Kai wird auch im Big-Wave-Surfing zur Legende, gewinnt 2020 die Nazaré Tow Surfing Challenge. Keiner schießt mit so viel Style die größten Wellen der Welt hinunter, keiner lässt sich tiefer barreln. „Ich würde mich nicht als Draufgänger bezeichnen“, sagt er. „Wie früher schaue ich mir auch heute sehr lange etwas an, gehe die Situationen immer und immer wieder in meinem Kopf durch. Ich stürze mich erst dann auf etwas, wenn ich alles ganz genau geplant habe.“

Das Image des Jahrhundert-Talents im Windsurfen, das die Erwartungen nicht erfüllen konnte, ist Kai los. Im Gegenteil: Kai Lenny ist zu einem der berühmtesten und besten Watermen der Welt geworden. Zeitzeugen seiner Kindheit, wie Robby Naish, waren sich schon vor über 15 Jahren sicher, dass aus Kai eine Wassersport-Legende wird. Und obwohl es den Anschein hat, als sei er schon ewig dabei, hat Kai seinen Zenit noch lange nicht überschritten. Er ist 27 Jahre alt.


Alle Fotos mit freundlicher Genehmigung von Kai Lenny.

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