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Stian Hagen

Ski

Interview mit Freeskier Stian Hagen auf der Arc’teryx Winter Film Tour 2024

Header Image: Gustav

Wir hatten das Glück, den Freeskier Stian Hagen bei der Arc’teryx Winter Film Tour 2024 zu einem Interview treffen zu dürfen.

Stian hat sich in der Freeskiing-Szene einen Namen gemacht, nicht nur durch seine beeindruckenden Leistungen auf den Bergen, sondern auch durch seinen einzigartigen Stil und seine Hingabe zum Sport. Mit dem Film „The Hagens“ ist er Teil der Premierentour. In unserem Gespräch werden wir einen Blick hinter die Kulissen seiner Karriere werfen, über Herausforderungen sprechen und darüber, wie sich sein Leben als Familienvater verändert hat.

Wer keine Lust auf lesen hat findet den passenden Podcast hier:

Stain Hagen

Hallo Stian, schön, Dich hier in München treffen zu dürfen. Kurz zu Deinem Namen „Hagen“. Hört sich irgendwie nach deutschen Wurzeln an. Stimmt das?

Nein, das stimmt nicht. Der Name stammt von dem Bauernhof, auf dem mein Großvater außerhalb von Oslo aufgewachsen ist. Der Name der Farm ist Hagen oder eigentlich Hagan. Und dann haben sie den Namen aus irgendeinem Grund in Hagen geändert.

Ah OK. Du bist in Norwegen aufgewachsen und lebst aber schon seit vielen Jahren in Frankreich in Chamonix.

Ja genau. Ich kam 1994 das erste Mal nach Chamonix. Da war ich 19 Jahre alt. Ich hatte ein paar ältere Freunde, die eine Saison in Chamonix verbracht hatten, und es schien eine gute Idee zu sein, dort hinzuziehen. Also fuhren wir für eine Saison hin und tatsächlich kam ich nie wieder zurück.

Hast Du dort auch Deine Frau Andrea kennengelernt? (Anm. d. Red. Andrea Hagen, geborene Bining ist auch Freeski Profi)

Wir haben uns tatsächlich in Deutschland auf der ISPO kennengelernt. Kurz danach wurden wir ein Paar und mittlerweile haben wir zwei Kinder mit 9 und 12 Jahren. Wir haben damals in dem legendären Freeride Chalet gewohnt. Das waren ein paar kanadische Jungs, die ein großes Haus hatten und Betten vermietet haben. Hier hingen damals alle Freeskier ab und so auch Andrea und ich.

Nun zu Deinem Film, der mit dem Titel „The Hagen’s“ nicht nach einem klassischen Action Movie klingt.

Genau. Das Hauptthema ist ein bisschen die Geschichte, wie wir als Familie in den Bergen leben und wie wir unsere zwei Kinder mit den Bergsportarten vertraut machen. Es geht auch ein wenig um das Risiko, wenn man als Familie in die Berge geht. Wir hoffen, dass wir die Leute irgendwie dazu motivieren können, Kinder zu bekommen. Ich glaube, dass viele Leute, vor allem Sportler und Leute in ihren Dreißigern, Angst haben sich selbst aufgeben zu müssen, wenn sie Kinder bekommen.

Die Botschaft des Films soll sein, dass die Zeit mit Kindern sogar noch viel besser sein kann, wenn man die Kinder in die Berge mitnimmt und die Erfahrungen in den Bergen mit ihnen teilt.

Chamonix ist als Mekka des Wintersports sicher auch ein sehr guter Ort, um Kinder aufwachsen zu lassen. Gibt es hier viele Gleichgesinnte, die ihre Kinder nach ähnlichen Werten erziehen?

Ja schon, wobei es natürlich auch viele Kids gibt, die mit dem Bergsport nichts am Hut haben. Da haben wir wirklich Glück gehabt, denn unsere Kinder sind wirklich begeisterte Skifahrer und Bergsportler, mit denen wir unsere Passion teilen können. Es wäre auch irgendwie traurig, an einem Ort wie Chamonix zu leben, mit den Berge vor der Nase, und diese nicht mit den Kindern genießen zu können. Aber natürlich muss ich auch sagen, dass Chamonix nicht der einfachste Ort ist, was das Terrain angeht. Man braucht ein gewisses Maß an Erfahrung und Risikobewusstsein, um sich in diesen Bergen wohl zu fühlen und die Kinder mit in die Berge nehmen zu können. Es gibt viele Familien, die das gerne tun würden, aber vielleicht nicht unbedingt die Fähigkeiten haben.

Stian Hagen
Foto: Devan Francis

Dann gehen wir nochmal zurück in Deine Vergangenheit. Wie war Deine Kindheit. Wurdest Du ähnlich erzogen?

Ja, eigentlich schon. Wir sind damals viel Cross Country Ski gelaufen. Ich habe mit dem alpinen Skifahren erst angefangen, als ich nach Chamonix kam. Ich bin eher mit Langlauf und Skispringen aufgewachsen. Mein Vater hat für den Alpenverein gearbeitet, also haben wir all unsere Ferien in Berghütten in Norwegen verbracht, sowohl im Sommer als auch im Winter, aber eher zum Wandern und Langlaufen in den Bergen.

Ich kann also definitiv verstehen, warum ich da gelandet bin, wo ich heute bin. Aber mich hat es definitiv mehr zu steilerem Gelände hingezogen.

Du warst als aktiver Freeski-Profi für Deine extremem Lines und Furchtlosigkeit bekannt. Hat sich das verändert, als Du Kinder bekommen hast?

Ich glaube, bei mir war das so eine Art Prozess während meiner Karriere. Am Anfang hatte ich das Gefühl, dass alles irgendwie sicher war. Ich hatte niemanden um mich herum, der große Unfälle oder so etwas erlebt hat. Aber dann, je länger ich das gemacht habe, sind Dinge um mich herum passiert. Ich hatte Freunde, die in Lawinen gerieten, Freunde, die getötet wurden, und hatte selbst ein paar Unfälle.

Das war also ein schleichender Prozess. Und als ich dann noch Kinder bekommen habe, habe ich natürlich noch mehr über das Risiko nachgedacht. Die Kinder waren dann so etwas wie das Sahnehäubchen auf der Torte. Ich denke auch, dass es mit dem Alter zusammenhängt, dass man sich nicht mehr so viel zu beweisen hat.

Sterben in den Bergen ist keine Option.

Das ist definitiv immer in meinem Hinterkopf. Gerade bei der Entscheidungsfindung, was ich in den Bergen machen will. Da ich definitiv sicherstellen muss, dass ich auch wieder heil zurückkomme.

Mit Kindern ist es einfacher, Entscheidungen zu treffen, da ich einen triftigen Grund habe, kein Risiko eingehen zu müssen.

Als Sportler ist es fast das Schwierigste, nicht mehr der Platzhirsch zu sein, vor allem in Chamonix. Man spürt den Druck und es ist sehr schwer, aus dieser Position auszusteigen. Es war ein schwieriger Prozess für mich, aber es fühlt sich jetzt wirklich gut an und ich bin sehr glücklich mit dem Hier und Jetzt.

Früher war es ja auch so, dass man extrem sein musste, um Sponsoren zu bekommen und diese happy zu machen. Hat sich das nach Deiner Ansicht in den letzten Jahren verändert?

Ja total. Ich persönlich hätte nie gedacht, dass ich das so lange machen kann. Aber ich denke auch, dass die Industrie jetzt immer mehr versteht, dass es zwar cool ist, „Junge Wilde“ zu haben, die verrückte Sachen machen, aber diese sprechen nicht unbedingt alle potenziellen Kunden der Marken an. Letztendlich sind es die älteren Leute, die sich den Sport und das Equipment leisten können. Man braucht einfach einen guten Mix aus unterschiedlichen Athlet:innen und ich freue mich sehr, seit über 10 Jahren Teil der Arc’teryx Familie sein zu dürfen.

Stian Hagen
Foto: Devan Francis

Nun aber zu Deinem Film. Wie kam es zu dem Projekt?

Ich bin zum Gleitschirmfliegen gekommen, weil es ein paar Lines gibt, die wir in Chamonix gefahren sind, die wirklich gut waren und die man wegen der globalen Erwärmung nicht mehr fahren konnte.

Der Gletscher hatte sich so weit zurückgezogen, dass ein Ausstieg am Ende der Line nicht mehr möglich ist. Und mit einem kleinen, leichten Gleitschirm kann man diese Line abfahren und dann am Ende mit dem Gleitschirm abheben und zurück ins Tal fliegen. Es kam dann dazu, dass ich mit meinem Sohn auf einer dieser Lines gefahren bin und mehr oder weniger in unserem Garten gelandet sind. Arc’teryx hat das mitbekommen und hat damit das Filmprojekt angestoßen. Der Filmer & Cutter Jake Holland hat uns dann über drei Jahre begleitet und hat diese einzigartige Geschichte mit seinen Bildern erzählt.

Wir freuen uns wirklich sehr, den Film zu sehen und es klingt, als wärt ihr aus dem Gröbsten raus mit den Kids?

Das schon. Die Kinder sind mittlerweile alt genug, dass sie coole Sachen machen können, aber sie sind gleichzeitig auch noch jung genug, um die Zeit mit uns verbringen zu wollen. Wir hoffen natürlich, dass es noch lange anhält und unsere Kinder uns noch lange „cool“ finden. Aber das wird wahrscheinlich nicht mehr lange so bleiben (lacht).

Ihr habt Euch als Familie somit auch gegen den klassischen Weg des „Hamsterrads“ entschieden. Wie genau habt ihr das geschafft?

Uns war immer klar, dass wir die maximale Zeit mit unseren Kids verbringen wollen. Geld hat da nur eine sekundäre Rolle gespielt. Die Zeit mit den Kindern kann man nicht mit dem Geld zurückkaufen, das man in dieser Zeit verdient hat. Ich bin Bergführer und hätte in den letzten zehn Jahren viel mehr arbeiten können, wenn Geld das Ziel gewesen wäre, aber ich habe die Entscheidung getroffen, dass ich so viel Zeit wie möglich mit meinen Kindern verbringen möchte.

Stian Hagen
Foto: Gustav

Die Einstellung gefällt uns, aber wie geht ihr als Eltern mit dem Risiko und der Angst um Eure Kids um, wenn ihr in extremes alpines Gelände geht.

Wenn wir in den Bergen sind, bin ich mir des Risikos immer sehr bewusst. Wir sprechen offen über Risiken, und da wir in Chamonix leben, gibt es jedes Jahr viele Menschen, die hier sterben. Väter von anderen Kindern in der Schule oder so etwas, also sind wir sehr offen zu den Kindern und realistisch, was die wirklichen Gefahren angeht.

Verglichen mit mir und meiner Jugend, haben meine Kids schon ein sehr gutes Verständnis für die Risiken in den Bergen. Wir wollen auch nicht die Tatsache verschweigen, dass die Berge gefährlich sind. Ich denke, man sollte offen darüber sprechen, denn es ist natürlich auch ein bisschen beängstigend, Kinder in den Bergen zum Bergsport zu erziehen.

Die Alternative wäre, dass man sie in Watte wickelt und sie in den Keller vor den Fernseher steckt und hofft, dass sie nie in die Berge gehen. Aber das wäre für uns keine Option.

Das stimmt. Wir wünschen Euch auf jeden Fall alles Gute und vielen Dank für das nette Gespräch. Wir freuen auf den spannenden Film „The Hagen’s“.

Hier der Trailer:

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