Die Welt der Freerunner bietet den Protagonisten in ihrer Entfaltung endlose Möglichkeiten. Hindernisse werden zu Herausforderungen und auf den ersten Blick langweilige Strukturen strahlen plötzlich eine ungeahnte Anziehungskraft aus.
Routen durch die Stadt, die sonst nur in Videospielen möglich erscheinen, werden bei diesen Athleten zur Realität. Bewegungen, die vorher ausschließlich mit dem Controller umsetzbar waren, bieten die Grundlage für die Gedankengänge eines Jason Paul. Für den Red Bull Freerunner bedeutete Parkour einen Weg zum professionellen Athleten.
“Ob ich jemals daran geglaubt habe, dass ich einmal davon leben könnte”, sagt er lachend, “fuck no! Als ich anfing, war ich gerade mal 14 Jahre alt und in keiner Sportart wirklich gut. Für mich war professioneller Sport absolut unerreichbar – insbesondere als Außenseiter, der den ganzen Tag nur vor Videospielen hockt.”
“Wenn du damit anfängst, siehst du Sachen auf einmal anders. Es war so ein gutes Feeling, die Welt völlig neu zu entdecken.”
“Die Helden in den Games sprangen rum, machten Flips und ich dachte nur – genau das ist es, was ich machen will.” Natürlich sei ihm nicht wirklich in den Sinn gekommen, dass so etwas überhaupt möglich sein könnte. “Irgendwann schaute mein Kumpel vorbei mit diesem zwei Minuten langen, total abgefahrenen Parkour-Video”, beschreibt Jason den eigentlichen Moment der Initialzündung.
“Wir schauten uns die Moves dieser erwachsenen Männer an, gingen raus und versuchten es selbst. Heute fliege ich um die Welt und versuche an den unterschiedlichsten Orten meine Tricks umzusetzen. Dieses Leben ist einfach nur großartig.”
Die Transformation vom Gamer zum gesponserten Athleten gelang aber natürlich nicht einfach so auf Knopfdruck.
Der bekennende Spätstarter gibt zu, dass ihn gerade ohne sportlichen Hintergrund nur pure Hingabe und die Liebe zur Bewegung zu seinem heutigen Status geführt hat.
“Ich hatte höchstens ein paar Push-ups drauf, als ich erstmals über eine Bank gesprungen bin. Mein Weg zum Erfolg begann zunächst mit einer sehr langsamen Entwicklung”, betont Paul.
Es habe zwei Jahre gedauert, bevor er den ersten Salto konnte, zuerst ins Wasser, danach auf Sand. “Wir mussten quasi alles auf der Straße ausprobieren, ohne Anleitung.”
“Wenn du damit anfängst, sieht man Sachen auf einmal anders. Du denkst, ‘da könnte man eigentlich mal hochklettern’, sobald du irgendwo vorbeikommst. Es war so ein gutes Feeling, die Welt völlig neu zu entdecken.”
Lange Zeit ist es her, dass der 23-jährige Deutsche mit seinem Sport startete, aber es wird schnell offensichtlich, dass ihn Videospiele fortlaufend inspirierten.
Ein Blick auf sein letztes Release macht deutlich: Die moderne Freerunning-Szene verschmilzt hier mit der zweidimensionalen Gaming-Welt, nicht nur die grafische Umsetzung, sondern auch das Konzept.
Das Werk stellt einen Mix aus Talent, Kreativität dar und beinhaltet zudem einen originellen Comedy-Aspekt.
Dem gebürtigen Frankfurter liegt natürlich auch das Filmen im für Freerunning stereotypischen Stadtbild nicht fern. Das Element Gaming in seine Videos zu integrieren, drückt lediglich seine Originalität aus, aber für ihn existiert kein besserer Ort für seinen Sport als die urbane Spielwiese.
“Skateboarder und Freerider nutzen schon lange die gegebenheiten der Stadt, um sich mit ihren Tricks auszudrücken.”
“London macht immer Spaß wegen der großen Szene dort und ich stehe total auf Hong Kong, weil es in dieser verrückten Stadt noch so viel zu entdecken gibt. Wo du auch hinkommst, Skateboarder und Freerider nutzen schon lange die Gegebenheiten der Stadt, um sich mit ihren Tricks auszudrücken”, erzählt Jason über die urbanen Eigenheiten und die Motivation sie zu nutzen.
Angst ließe sich bei einigen nervenaufreibenden Geschichten nicht komplett ausschalten, gesteht Jason, aber sie dürfe nicht die Kontrolle übernehmen. “Du musst das Adrenalin kanalisieren, nur dann lassen sich die Grenzen verschieben.”
“Unterschwellig spielt die Angst immer mit”, sagt er zusammenfassend. “Wenn du neue Sachen probierst, verlässt du oft die Komfortzone – dann ist sie automatisch präsent.”
“Es dreht sich viel darum, dass man lernt, diese Angst zu kontrollieren. Wenn du nur sagst ‘fuck it’ und einfach Sachen durchziehst, wirst du dich früher oder später auf jeden Fall verletzen. Aber falls du dich daran gewöhnst, in solchen Situationen ruhig zu bleiben, sobald du dein Leben riskierst, kann man damit arbeiten”, sagt er grinsend.
Ruhig zu bleiben sei die große Herausforderung.
Der Traum mag für Jason Paul begonnen haben in der vorgezeichneten Welt der Videospiele, aber die zukünftige Entwicklung der Freerunner könnte kaum undurchschaubarer sein.
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