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Climbing

Im Interview mit den Alpinisten Michi Wohlleben und Lukas Hinterberger über ihren Film „Triple Edge“ bei der EOFT 23

Im Februar 2023 haben die beiden Bergsteiger Michi Wohlleben und Lukas Hinterberger in den Urner Alpen einen bemerkenswerten Erfolg erzielt, indem sie die drei Salbit-Grate innerhalb von 45 Stunden erklommen und somit ihr ambitioniertes Vorhaben, die „Salbitschijen Wintertrilogie“, erfolgreich abgeschlossen haben.

Diese außergewöhnliche Leistung wird im Film „Triple Edge“ gewürdigt, der in diesem Jahr als Teil des Programms der European Outdoor Film Tour präsentiert wird. Wir haben Michi und Lukas vor der EOFT Premiere in München zu einem Interview getroffen und waren begeistert von der lockeren Art und Weise, wie sie sich an ein Projekt wie „Triple Edge“ gewagt haben.

Michi Wohlleben und Lukas HinterbergerIhr wohnt beide im schönen Appenzeller Land. Ist das Zufall oder habt ihr euch hier auch kennengelernt?

Lukas: Ich kannte Michi bereits aufgrund seiner Erfolge im Klettern, dann zog er vor knapp acht Jahren ins Appenzeller Land. Wir trafen uns, unterhielten uns und verstanden uns gut. Wir begannen gemeinsam zu klettern und Berg zu steigen, und daraus entwickelten sich viele gemeinsame Ideen. Schnell merkten wir, dass wir gut miteinander funktionieren.

Michi: Es entwickelte sich wirklich eine großartige Freundschaft. Besonders bei schwierigen Touren ist das von Vorteil. Es ist wie ein Sechser im Lotto, solche Erfahrungen mit einem Freund teilen zu können.

Wahrscheinlich ist das gerade in Extremsituationen ein großer Vorteil, wenn man sich auf einer freundschaftlichen Ebene besser kennt, oder?

Lukas: Auf jeden Fall. Wir kennen auch das Leben des anderen, den Alltag und das Umfeld, was sehr wertvoll ist. Ansonsten ist man oft nur mit Kletterkameraden unterwegs. Wenn es tiefgründiger wird, können wir den anderen in extremen Situationen besser einschätzen oder spüren, wie es ihm geht. Wir hoffen, zusammen im Gebirge alt zu werden.

Habt ihr denn Familie?

Michi: Ich habe eine Frau und ein 10-jähriges Kind.

Hat sich deine Risikobereitschaft dadurch irgendwie verändert?

Michi: Nun, ich werde oft gefragt, ob ich ein zu hohes Risiko eingehe, gerade weil ich eine eigene Familie habe. Aber wir haben ein gutes Gleichgewicht gefunden. Ich würde mich genauso unwohl fühlen, wenn ich weniger Risiko eingehen würde als Lukas. Das hat weniger mit meiner Familie zu tun, sondern mehr mit dem Wunsch zu überleben.

Hat sich das als Vater ein wenig verändert?

Michi: Ich kann nicht mit Sicherheit sagen, wie es anders wäre, daher kann ich das nicht wirklich beurteilen. Bergsteigen ist sicher immer gefährlich. Lukas und ich sind nicht leichtsinnig und können Risiken gut einschätzen.

Die Außenperspektive ist sicher anders, denn für uns scheint es extrem gefährlich. Kann man das Risiko in den Bergen denn tatsächlich etwas „kontrollieren“?

Lukas: Eigentlich ist es immer recht einfach. Du schätzt das Risiko ein und überlegst dir die Konsequenzen. So kannst du entscheiden, ob du das Risiko eingehen willst oder nicht. Beim Klettern bist du meistens am Seil. Ein Sturz wäre zwar unangenehm, aber nicht unbedingt tödlich. Fehler oder Gratüberquerungen können in unserem Fall gefährlich sein, und da muss man eben genau überlegen. Solange du jedoch Sicherungshaken hast, ist das Klettern an sich nicht so riskant.

Ihr habt die Tour im Winter gemacht. Wieso?

Michi: Im Sommer wird diese Triologie häufiger unternommen, sie ist ein schwieriger Klassiker. Die Winter-Triologie stand noch aus, und im Winter ist die Tour deutlich anspruchsvoller.

Wie lange habt ihr an dem Projekt gearbeitet?

Lukas: Die Idee entstand im Jahr 2021, und lustigerweise hatten wir sie unabhängig voneinander. Ich hatte die Sommer-Triologie bereits vor 10 Jahren gemacht und hatte sie als Winterprojekt immer im Hinterkopf. Aber es hatte irgendwie nie Priorität.

Ihr habt die Tour in 45 Stunden geschafft. Wie lange dauert es normalerweise im Sommer?

Lukas: Im Sommer klettert man die Tour in etwa 17 Stunden. Das sind wirklich zwei verschiedene Paar Schuhe.

Michi: Das ist wie der Unterschied zwischen einem Halbmarathon und einem 100-Kilometer-Ultralauf.

Könnt ihr den genauen Ablauf der Begehung der drei Routen beschreiben?

Michi: Wir sind in der Nacht am Südgrat eingestiegen und haben diesen dann durchklettert. Anschließend sind wir an einem Couloir abgeseilt und zum Einstieg des Westgrats gegangen. Wir haben diesen geklettert, bis es dunkel wurde. Dann haben wir auf einem Grat unterhalb des Gipfels biwakiert und sind am nächsten Morgen bis ganz nach oben geklettert. Danach den Ostgrat geklettert und danach zur Hütte abgestiegen.

Welche der Routen ist denn die anspruchsvollste, und wie habt ihr die Begehung aufgebaut?

Michi: Der Westgrat ist die längste und schwierigste Tour. Sie ist auch in der Kletterszene recht bekannt und eine der schönsten Touren in der Schweiz. Die Taktik ist bei dieser Tour wirklich wichtig. Man kann den Südgrat in der Nacht relativ gut klettern, sodass man den Westgrat in der Mitte und den vergleichsweise einfacheren Ostgrat am Ende hat.

Wird die Route im Sommer ähnlich geklettert?

Michi: Ja, eigentlich schon. Das ist die logische Linie.

Habt ihr eure Biwak-Ausrüstung immer mitgeschleppt oder irgendwo deponiert?

Lukas: Wir haben uns eine Woche Zeit genommen, um die Bedingungen zu überprüfen, und haben dann auf dem Gipfel ein Depot eingerichtet, mit Essen, Schlafsäcken und einem Gaskocher. Deshalb konnten wir den Südgrat mit leichten Rucksäcken klettern. Beim Abseilen haben wir das Depot dann wieder mitgenommen.

Habt ihr die Begehung tatsächlich beim ersten Versuch durchgezogen?

Lukas: Wir haben die Tour im Winter 22 versucht, aber die Bedingungen waren nicht gut, und Michi war mit seiner Physiotherapie-Ausbildung beschäftigt, was einfach nicht gut passte.

Michi: Außerdem kam es zu einem tragischen Unfall mit einem guten Freund von mir, was die Situation unglaublich dramatisch und für mich unmöglich machte.


Das heißt, ihr habt tatsächlich auch noch „normale“ Jobs neben dem Klettern?

Michi: Ich wäre eigentlich ein Vollprofi, aber vor vier Jahren habe ich begonnen, Physiotherapie zu studieren und werde bald abschließen.

Lukas: Ich arbeite hauptberuflich als Bergführer.

Gab es bei dem Projekt einen bestimmten Moment, an den ihr euch gerne erinnert oder einen besonderen Schlüsselmoment?

Lukas: Objektiv betrachtet war ein Schlüsselmoment auf jeden Fall, als Michi den Stand gefunden hat. Wir hatten im Herbst die Abseilpositionen erkundet, damit wir im Schnee wussten, wo sich die Stände befinden. Einen davon haben wir nicht auf Anhieb gesehen, und dann hat Michi kurz gegraben und ihn sofort entdeckt. Das war wirklich wie ein Jackpot.

Dann hattet ihr wahrscheinlich einen echten „Lauf“. Es gibt sicherlich auch Zeiten, in denen es nicht so gut läuft, oder?

Lukas: Ja, sicher. Das merkt man oft schon, wenn man von der Hütte aufbricht und sich einfach unwohl fühlt.

Beißt ihr euch dann durch oder gibt es auch Momente, in denen man einfach aufgibt und nach Hause geht?

Michi: Das Schöne bei Lukas ist, dass wir als Freunde darüber stehen und ehrlich zueinander sind. Wir können die Aktion absagen. Wenn man es mit anderen Leuten macht, möchte man vielleicht nicht zugeben, dass es nicht funktioniert, um sein Gesicht zu wahren. Aber unter Freunden sprechen wir uns ab und gehen sonst einfach einen Kaffee trinken.

Gibt es für euch bereits Folgeprojekte?

Michi: Wir haben bereits zwei bis drei Projekte, die wir angehen möchten, aber diese werden wir vorher nicht kommunizieren.

Dann wünschen wir euch viel Erfolg und danke für eure Zeit. Wenn ihr „TRIPLE EDGE“ und noch viele weitere spannende Filme aus der Outdoor Welt sehen möchtet, dann holt euch hier ein Ticket für die EOFT 2023:

Michi Wohlleben und Lukas Hinterberger

Eine Terminübersicht der EOFT 2023 findet ihr hier.


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