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Adventure

EOFT 2022 – Das Timothy Olson Interview

Wir haben uns mit dem diesjährigen Gesicht der E.O.F.T. über seinen Film, das Projekt und seine Vergangenheit unterhalten.

Timothy Olson ist kein normaler Athlet. Der 39-jährige Amerikaner schaut auf eine durchwachsene Jugend zurück, die von Drogenmissbrauch und Gefängnisaufenhtalten geprägt ist. Nach einigen augenöffnenden Momenten beschließt er jedoch, sein Leben umzukrempeln. Er fängt wieder mit dem Laufen an, lernt seine zukünftige Frau kennen und zieht mit ihr nach Oregon. Dort verliebt er sich in eine Trailrunning und wagt sich an immer längere Distanzen. 12 Jahre später bricht er den prestigeträchtigsten Rekord in der Welt des Ultratrailrunnings: Er läuft den Pacific Crest Trail, der über schneebedeckte Berge und über Wüsten führt in der Rekordzeit von 51 Tagen. Umgerechnet läuft Timothy dabei 80 Kilometer, also zwei Marathons, und legt dabei etliche Höhenmeter zurück. Jeden Tag, 51 Tage am Stück. Die gesamte Story hat es dieses Jahr auch als Hauptstory in die E.O.F.T. geschafft. Wir haben uns mit Timothy getroffen und mit ihm über den Film, das Projekt, seine Vergangenheit und seine nächsten Ziele gesprochen.

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Hi Tim, kannst du kurz zusammenfassen worum es in deinem Film geht, der auch die Hauptstory der E.O.F.T ist?

Es ist die Geschichte von mir und meiner Familie, wie wir uns auf ein großes Abenteuer einlassen, wahrscheinlich das größte Abenteuer unseres Lebens. Und um die Transformation und Heilung auf dem Weg.

Kannst du uns Europäern den Pacific Crest Trail genauer beschreiben?

Es handelt sich um einen Wanderweg im pazifischen Westen Nordamerikas, der von der Grenze zwischen Mexiko und den Vereinigten Staaten durch die gesamten Vereinigten Staaten bis nach Kanada führt. Die ganze Strecke ist ein Single Track Trail. Er ist nur für Fußgänger und Pferde geeignet. Also keine motorisierten Fahrzeuge, keine Fahrräder oder so etwas. Es ist frei zugängliche Natur, die jeder erkunden kann. Er führt durch einige größere Gebiete, aber ist trotzdem noch sehr ländlich. Wenn man dort unterwegs ist, kann es Tage dauern, bis man Menschen sieht. Man ist also wirklich völlig in der Wildnis. Ich empfinde es als einen ganz besonderen Ort und als etwas sehr Heiliges, dass es Land gibt, das geschützt ist, und sich durch die ganzen Vereinigten Staaten zieht. Gerade in der heutigen Zeit ist der Schutz von Land meiner Meinung nach sehr wichtig. Insgesamt sind es etwa 20 Nationalparks. Der Trail beginnt in der Wüste, wo es super heiß ist, über 35 Grad. Das ist einfach extrem. Und dann geht es in die Berge, wo es technischer wird und es Steinschläge gibt, Schnee und Flussüberquerungen. Dort kann es echt tückisch werden. Ich habe mich für den Juni entschieden, um den tiefen Schnee zu vermeiden, der dort oben in den Bergen liegen kann. Die ganze Logistik war also sehr gut durchdacht, als ich startete. So musste ich mich all diese Tage in den Bergen zum Beispiel nicht selbst versorgen, obwohl ich meine Crew vier Tage nicht gesehen hatte. In diesen paar Tagen war ich also ganz allein da draußen. Nach ein paar Tagen sah ich meine Crew wieder und es ging für uns weiter nach Oregon, wo viele Bäume umgestürzt waren und ich mit Waldbränden zu kämpfen hatte. Gegen Ende von Kalifornien, Oregon, gab es auch noch ein großes Feuer bei Mount Shasta. Und dann kommt Washington, wo die Berge so ähnlich wie die Alpen sind nur nicht ganz so hoch. Es ist ein sehr felsiges, technisches Gelände, das bis zum Ende in Kanada reicht. Ich denke insgesamt bekommt man einen guten Überblick über den gesamten pazifischen Westen Nordamerikas. Es ist wirklich ein wildes, weitläufiges Gebiet, in dem ich viel nachdenken und einfach die Natur genießen konnte.

Wenn man am Tag 80 Kilometer läuft und das 51 Tage lang, hat man da überhaupt Zeit sich mal umzusehen und die Natur zu genießen?

Absolut! Es ist ja nicht so, dass ich auf einer Rennbahn bin uns so schnell wie möglich rennen muss. Ich laufe, ich wandere, ich halte an, um mich zu setzen. Meine morgendliche Routine bestand darin, dass ich mich morgens nur langsam bewegte, weil mir sowieso mein ganzer Körper wehtat. Normalerweise esse ich morgens etwas und fange dann an zu wandern, um den Körper aufzuwärmen. Dann nehme ich mir ein paar Minuten Zeit, um mich hinzusetzen und zu meditieren, was ein wichtiger Teil des ganzen Projektes war. Aber ich habe mir auch jeden Tag Zeit genommen, um mich hinzusetzen und die Natur zu schätzen und mich für den Ort zu bedanken, an dem ich war, und das Privileg zu genießen, draußen zu sein, die Natur zu genießen, meinen Körper auszupowern und den Schutz eines Ortungsgerätes zu haben, falls ich mich verletze und so weiter. Es war auf jeden Fall eine privilegierte Reise, und ich bin mir dessen bewusst. Aber ich habe dadurch gelernt, die Natur wirklich zu schätzen.

Was ging dir denn die ganze Zeit durch den Kopf? Letztendlich warst du ja die meiste Zeit allein.

Alles und nichts zur gleichen Zeit. Es gibt einfach viele Momente, in denen ich über die Vergangenheit nachdachte und über Entscheidungen, die ich getroffen habe. Ich versuche an die guten Dinge zu denken. Laufen motiviert einen und bringt einen dazu, sich um sich selbst zu kümmern, sich um andere Menschen zu kümmern. Ich betrachte es fast als eine Art Therapie, bei der man nicht nur die schönen Seiten von sich selbst zum Vorschein bringt, sondern auch die hässlichen, schwierigen Seiten, mit denen man umgehen muss. Ich denke dabei viel an meine Vergangenheit, wie ich mit Alkohol- und Drogenmissbrauch umgegangen bin und im Gefängnis gelandet bin und wie es mir ergangen ist. In schwierigeren Zeiten in meinem Leben habe ich wirklich schlechte Entscheidungen getroffen. Ich habe aber gelernt, mein ganzes Selbst zu verkörpern und zu lieben, und ich denke, das ist der richtige Weg für mich. Auf dem Weg des Lebens ist es genau wie auf dem Pacific Crest Trail. Es begegnen einem viele Unwegsamkeiten, wie Schlangen oder Berglöwen. Man kann es aber auch so sehen, dass sie da sind, um einem Botschaften zu übermitteln und Lektionen zu erteilen. Es braucht Druck und Widerstand, bis schöne Dinge entstehen, wie bei einem Samen unter der Erde. Und ich glaube, dass man durch diesen Denkprozess wirklich, wie ich im Film sage, sich selbst aufbrechen kann und viel über sich lernen kann.

Hat dir die Meditation viel dabei geholfen, Makel zu akzeptieren?

Ja, ich denke schon. Ich stelle fest, dass dabei viel Selbstkritik auftaucht. Und je mehr man sich selbst dabei beobachtet, wie man diese Gedanken hat, desto mehr erkennt man, dass das nicht hilfreich und nicht förderlich ist. Nur durch diese Erkenntnis kann man diese Widerstände und Selbstzweifel wirklich überwinden.

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Es braucht Druck und Widerstand, bis schöne Dinge entstehen, wie bei einem Samen unter der Erde. Und ich glaube, dass man durch diesen Denkprozess wirklich, wie ich im Film sage, sich selbst aufbrechen kann und viel über sich lernen kann.

Du hast ja schon kurz über deine Vergangenheit gesprochen. Versuchst du jetzt möglichst present zu sein und dich viel mit dir und deiner Umgebgung zu beschäftigen, nachdem all die Drogen genau das Gegenteil mit dir gemacht haben und dich durch einen Rausch von der Gegenwart ablenken?

Ja, ich hatte eine Handvoll Momente, die mir wirklich die Augen geöffnet haben, zum Beispiel als ich bei einem Autounfall fast gestorben wäre, weil ich wirklich betrunken war. Es gab auch Momente, in denen ich quasi eine Überdosis hatte und fast gestorben wäre und kurz danach wiederum selbst Drogen verkaufte. Solche Momente, oder wenn Freunde ins Gefängnis gehen oder sich ein Freund im Gefängnis das Leben nimmt, haben mir gezeigt, dass das nicht das Leben ist, das ich führen will. Ich hatte mich damals von meiner Freundin getrennt und all die Drogen und der Alkohol führten dazu, dass ich mir irgendwann selbst das Leben nehmen wollte. Da hatte ich die Erkenntnis, dass ich etwas ändern muss. Ich bin schon in der Highschool viel gelaufen, und das war der erste Schritt für mich. Zugegebenermaßen anfangs nur weil ich Urintests machen musste und das Laufen die schnellste Möglichkeit war, zu entgiften. Und es war furchtbar. Ich fühlte mich schrecklich. Ich musste mich übergeben. Mir war übel. Ich hatte diese kalten Schweißausbrüche, einfach alles fühlte sich falsch und schlecht an. Aber nach und nach ging es mir schon etwas besser. Und ich konnte wieder ein bisschen klarer sehen. Ich wurde ein bisschen weniger wütend auf mich selbst. Irgendwann fing ich an die Highschool Kids zu trainieren. Ich wollte für sie da sein, weil deren Alter genau die Zeit war, in der ich so viele falsche Entscheidungen getroffen hatte. Ich lernte dann meine Frau kennen, die noch mehr lief und mich an längere Distanzen heranführte. Dann kam der Umzug nach Oregon, wo wir einige der besten Ultratrailrunner der Welt kennenlernten, die mich ein paar mal mitnahmen und auf einmal wurde eine Karriere draus.

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Wow, was für eine inspirierende Story. Von 2-Kilometer Läufen bis hin zum Ultratrailrunning Weltrekord ist es aber dann doch ein etwas weiterer Weg oder? Wie kam die Inspiration zum Pacific Crest Trail?

Meine Frau und ich haben 2008 geheiratet, sind nach Oregon gezogen und haben eben dieses Trailrunning-Mekka gefunden. Es gab es in Ashland, Oregon, wo wir unser Haus hatten, einen Trail, der direkt von meiner Haustür zum Pacific Crest Trail führte. Die ersten Rennen, an denen ich teilnahm, fanden auf dem Pacific Crest Trail statt, und ich durfte bei der Pflege der Wege mithelfen. Selbst dort, wo wir wohnten, führte der Pacific Crest Trail direkt durch die Stadt. Er war einfach allgegenwärtig und als ich zum ersten Mal mit dem Trailrunning anfing, meinte ich, dass ich irgendwann mal den Pacific Crest Trail laufen würde. Das zwar eher im Scherz, aber anscheinend habe ich es wohl auch ein Stück weit ernst gemeint.

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Wie viele Schuhe hast du auf den 4000 Kilometern denn zerstört?

So 7-8 waren das schon (lacht). Das war wirklich cool, da ich mit Adidas Terrex einen Sponsor habe, der für jedes Gelände den perfekten Schuh hat.

Was waren denn aus logistischer Sicht die größten Schwierigkeiten für das Projekt?

Es gab so viele logistische Aspekte, dass es wirklich eine jahrelange Planung benötigte. Und in den letzten zwei Jahren davor wurde viel konkretisiert, vorbereitet und getestet. Ich habe einen kleinen Probelauf gemacht, indem ich eine Woche lang 80 Kilometer am Tag gelaufen bin, um herauszufinden, was für mich gut ist. Und das Wichtigste bei der Ernährung war für mich, zu probieren was mir gut tut und was nicht. Ich habe daher Gluten aus meiner Ernährung gestrichen und es hat meinem Magen geholfen. Es hat mir geholfen, Entzündungen in meinem Körper zu bekämpfen und zu vermeiden.

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Hast du schon ein nächstes Projekt im Kopf?

Es gibt auf jeden Fall ein paar Dinge, auf dich schon Lust habe. Mal sehen was ich im nächsten Jahr mache. Aber ich habe einige Projekte in der Nähe meines Wohnortes, an denen ich arbeite. Einige längere Trails, der Colorado Trail und der Oregon Coastal Trail sind zwei längere Trails, auf die ich ein Auge geworfen habe. Vor Allem freue ich mich darauf, weiterhin Geschichten über diese Erde zu erzählen und darüber, wie wir uns um sie kümmern können. Für mich gibt es da draußen noch andere Rekorde und andere wirklich lange Trails. Es sind aber wie gesagt nicht immer die Rekorde, die mich dazu bringen, ein Projekt in Angriff zu nehmen. Es war zum Beispiel cool, dass ich den Pacific Crest Trail geschafft habe und meine Geschichte teilen kann. Aber mir geht es mehr um die Geschichte und die Schönheit der Natur zu zeigen und ich hoffe, dass ich das in Zukunft weiterhin tun kann!


 Das hoffen wir auch! Lieber Timothy, danke für das Gespräch!

HIER DAS PROGRAMM DER EUROPEAN OUTDOOR FILM TOUR 2022

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