Plastikmüll in den Weltmeeren hat in den vergangenen Jahren rund um den Globus erhöhte Aufmerksamkeit bekommen, auch weil die Folgen der Verschmutzung an jedem Küstenabschnitt der Welt für jedermann sichtbar sind. Aufnahmen von verendeten Meerestieren laden das Thema zusätzlich emotional auf. Meistens wird jedoch dokumentiert, welche Mengen sich an der Wasseroberfläche, etwa im Great Pacific Garbage Patch, sammeln. Doch australische Wissenschaftler haben in einer aktuellen Studie der Commonwealth Scientific and Industrial Research Organization (C.S.I.R.O.) das Ausmaß des Mikroplastiks im Meeresboden untersucht.
Laut einem Bericht der New York Times, der sich auf die Daten und Aussagen von Australiens staatlicher Behörde für wissenschaftliche und industrielle Forschung stützt, ist die Untersuchung eine erste globale Schätzung in dieser Form. Die Ergebnisse der Berechnungen machen betroffen: “9,25 Millionen bis 15,87 Millionen Tonnen Mikroplastik-Fragmente mit einer Größe zwischen fünf Millimetern und einem Mikrometer” seien demnach weltweit in den Sedimenten des Meeresbodens eingebettet – diese Größenordnung übertrifft damit sogar deutlich die geschätzten Mengen, die auf der Meeresoberfläche treiben. Zwar ist die Problematik schon länger bekannt und von Umweltschutzorganisationen angeprangert worden, allerdings lag der Fokus der medialen Aufmerksamkeit stärker auf dem noch sichtbaren Einwegplastik, statt in der Tiefsee.
Die neue Studie soll nach Aussagen von Dr Britta Denise Hardesty, die federführend an der Untersuchung mitwirkte, darauf abzielen, das Ausmaß erstmals in konkreten Zahlen greifbarer für die Öffentlichkeit zu machen. Als unmittelbare Gefahr wurde bereits nachgewiesen, dass Mikropartikel durch Kleinstlebewesen wie Plankton aufgenommen werden und über größere Fischarten später in die menschliche Nahrungskette gelangen.
Die Wissenschaftler hatten im Jahr 2017 weit vor der Küste Australiens per Roboter-U-Boot 51 Proben aus Sedimentschichten gewonnen und auf Basis der durchschnittlichen Anzahl und Größe der Partikel Berechnungen über die geschätzte globale Kontaminierung gemacht. Zwar wurde an einigen Stellen kein oder verhältnismäßig wenig Mikroplastik gefunden, andere Proben hingegen enthielten bis zu 13,6 Partikel Mikrokunststoffe pro Gramm, was die Untersuchungsergebnisse früherer Probenanalysen aus der Tiefsee um mehr als das 25fache übersteigt.
Das Bewusstsein über die Dimensionen der Verschmutzung sei wichtig, um in der Politik für mehr Nachhaltigkeit zu sorgen, erklärte Hardesty zur Dringlichkeit solcher Studien. Das Team von Wissenschaftlern betonte zudem, dass ihre Schätzungen sogar eher konservativ einzuordnen sind, da Fasern oder andere Materialien nicht mit in die Zählung aufgenommen wurden.
Wann die Industrieländer Handlungsbedarf sehen und effektive Maßnahmen ergreifen, um zu verhindern, dass ein Großteil des Plastiks überhaupt ins Meer gespült wird, ist ungewiss. Untersuchungen hatten nachgewiesen, dass zehn große Flüsse – acht in Asien und zwei in Afrika – rund 90 Prozent des globalen Plastikeintrags in die Weltmeere verursachen. Neben strengeren Gesetzen und einem Verzicht auf Plastik könnten beispielsweise Milliardenhilfen aus Fonds sowie Fördermittel der großen technischen Hilfsorganisationen in diesen Länder auch für die Bekämpfung des Problems verwendet werden, um vor Ort etwa eine bessere Müllentsorgung sowie Recyclingsysteme zu garantieren. Es wäre zumindest ein Anfang.