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Climbing

Alpinistin Caro North im Interview: „Achttausender reizen mich nicht“

Das Konterfei der European Outdoor Film Tour 2021 ist Bergsteigerin Caro North. Im Gespräch verrät die Wahl-Schweizerin, welchen Fokus sie bei Expeditionen verfolgt und warum ihr Werdegang kein Zufall war.

Zu den besten Alpinistinnen Europas zählt sie bereits – Caro North hat sich mit spektakulären Expeditionen weit über die Grenzen der Bergwelt hinaus in der jüngeren Vergangenheit einen Namen gemacht. In dieser Saison ist sie das Gesicht der European Outdoor Film Tour 2021 und reiht sich damit ein in eine besondere Hall of Fame, wenn man die Cover des renommierten Outdoor-Filmfestival in einer Reihe begutachtet. Als 16-Jährige bestieg sie bereits in Argentinien den 6961 Meter hohen Aconcagua, führte dann Jahre später die erste reine Frauenseilschaft nach mehreren Anläufen erfolgreich auf den Gipfel des berüchtigten Cerro Torre.

Die Erschließung von mehr als 50 neuen Routen in Patagonien zementierte ihren Status als ambitionierte und äußerst vielseitige Athletin. Im Alter von 22 Jahren bezwingt sie schließlich die Eigernordwand, ein weiterer Meilenstein. Als eine der wenigen Bergführerinnen in der Schweiz sticht sie zudem heraus aus der Masse, ihre dort gesammelten Erfahrungen prägten die Entwicklung als Ausnahmealpinistin nachhaltig. Expeditionen von Alaska bis zu den entlegensten Gipfeln im Himalaya säumen ihren weiteren Weg als Bergsteigerin. Auf der E.O.F.T.-Jubiläumstour wird ihr Film „I am North“ nun auf der großen Bühne präsentiert.

Über die Begeisterung für völlig abgeschiedene Orte, die nur wenige Menschen zu Gesicht bekommen, ihre Leidenschaft für die Berge und zukünftige Pläne mit neuen Projekten erzählt Caro North im Interview.

 

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Hallo Caro! Was macht für dich generell die Faszination der Bergwelt aus und welche Gedanken verbindest du mit dem Wort „Expedition“?

Ich liebe es, draußen zu sein, an Orten, wo nicht viele Leute sind und man „alleine“ ist in der Natur. Das finde ich oft in den Bergen. Sie faszinieren mich auch, weil sie so viele tolle Linien bilden zum Hochklettern oder Abfahrten per Ski. In den Bergen kann ich immer etwas Neues entdecken, neue Orte, neue Winkel, neue Routen und Gipfel. Denn kein Berg gleicht dem anderen. Diese Vielseitigkeit ist unglaublich. Zudem kann auch ein und derselbe Platz in den Bergen mit Wetter, Jahres- und Tageszeit ein ganz unterschiedliches Erlebnis bilden. Ich bin ein Mensch, der Bewegung und Anstrengung braucht und habe mit dem Klettern, Bergsteigen und Skifahren meinen Lebensinhalt und meine große Leidenschaft gefunden.

Schon mit 16 Jahren hast du den Aconcagua in den Anden bestiegen. Wie kam es dazu, hattest schon zuvor entsprechende Erfahrungen gesammelt?

Ich habe mit zehn Jahren in einer Jugendgruppe des DAV mit dem Klettern begonnen und bin dann dadurch schnell auch in die Berge gekommen. Mit 14 Jahren folgte mein erster 4000er und ich war von da an voll begeistert. Mit 15 Jahren habe ich ein Jahr in Argentinien gelebt und wollte dann auch unbedingt den Aconcagua besteigen. So kam es dazu. Allerdings musst ich aufgrund von Anzeichen eines Höhenhirnödems 100 Höhenmeter unterhalb des Gipfels umdrehen.

An welchem Punkt fiel für dich die Entscheidung für eine Karriere als Bergführerin und Profi-Alpinistin?

Das war eine Entwicklung mit Zeit und keine Entscheidung von heute auf morgen. Geträumt habe ich schon seit dem Aconcagua davon und dann habe ich alles drangesetzt, es wahr zu machen!

Wie wichtig war die erste Frauenseilschaft-Begehung damals am Cerro Torre für deinen weiteren Weg?

Es war definitiv eine wichtige Begehung für meine Karriere, weil dadurch mein Name schnell international in die Fachpresse gekommen ist. Und dabei ist es nicht das Schwerste oder Wildeste, was ich gemacht habe, aber ein Berg mit Renommee. Und oft zählen eben Namen im Alpinismus.

Es war auch für mich selber eine wichtige Begehung, weil ich drei Jahre hintereinander dort hinfahren musste, bis ich ihn klettern konnte.

Du magst technisch anspruchsvolles Gelände und bisher unentdecktes Terrain. Reizen dich überhaupt Projekte wie etwa die Achttausender?

Ne, Achttausender reizen mich nicht, weil ich bin viel zu gerne in steilem, technischen Gelände unterwegs. Steil und lang ist meine Devise, ob im Fels oder im Mixed-Gelände. Und im Himalaya gibt es so viele Ecken, an denen kein Mensch war und ist, da reizt es mich nicht, Berge zu besteigen, an denen viel los ist. Ich gehe gerne ins Ungewisse, um neue Routen erstzubegehen.

Warum wirkt besonders Kaschmir so anziehend auf manche Bergsteiger?

Da kann ich nur für mich sprechen. Es ist eine Region mit extrem vielen schönen Bergen und noch unentdeckten Ecken, da es so lange für Ausländer geschlossen war. Zudem sind die Locals in den Bergen super nett!

Wie bereitet man sich auf Erstbegehungen vor, wenn Informationen schwer und teilweise nur über Google Maps zu recherchieren sind? Ist das eine umso größere Herausforderung?

Klar, die Vorbereitungen auf Expeditionen nehmen meist richtig viel Zeit in Anspruch und es ist eine ewige Suche, um sich ein Bild zu machen. Meist gibt es extrem wenige Informationen und so arbeiten wir mit Google Earth, Fotos aus naheliegenden Gegenden, wenn es aus der Region keine gibt und Berichten von anderen Expeditionen. Für manche Regionen sind Genehmigungen notwendig, was in einigen Ländern komplizierte und langwierige Angelegenheiten bedeuten.
Die Planung und Organisation beginnt oft schon ein Jahr vorher oder sogar noch früher.

Wie außergewöhnlich war es als Seilschaft von drei Frauen in solch abgelegenen Regionen?

Es ist im Vergleich ziemlich anders, als Frauengruppe in von Männern dominierten Regionen unterwegs zu sein. Und so war es auch auf unserer Expedition. Es ist schon in unserer Gesellschaft speziell, reine Frauenexpeditionen zu sehen, in solchen Kulturen wäre das überhaupt nicht vorstellbar. Und so verstehen uns die Einheimischen zum Teil nicht und meinen manchmal, sie müssten uns beschützen. So haben sie uns zum Beispiel einmal nicht in das Tal gelassen, für das wir unsere Expeditionserlaubnis hatten. Oft sind sie aber auch einfach nur neugierig – und angestarrt wird man sowieso immer. 😉

Macht das Teilen von Highlights und intensiven Erlebnissen in einer Gruppe diese Momente für dich spezieller?

Ja, definitiv. Ich bin jemand, der gerne ein Erlebnis mit meinen Freunden teilt, reflektiert oder vielleicht auch mal einfach darüber lacht. Deswegen gehe ich auch nicht auf Solo-Expeditionen.

Welche Projekte stehen noch für die nähere Zukunft auf deiner Wunschliste weit oben?

Ich möchte gerne nächstes Jahr nach Grönland segeln, dort eine Bigwall erstbegehen und dann wieder zurücksegeln, gemeinsam mit sechs Freundinnen. Eine Expedition, die drei Monate dauern wird, uns aber auch das Flugzeug umgehen lässt. Ein großes Abenteuer, bei dem wir aber auch noch Unterstützer finden müssen, um es realisieren zu können.

Vielen Dank für deine Zeit – wir drücken die Daumen für die anstehenden Projekte!


Der Film wird im Programm der European Outdoor Film Tour gezeigt. Tickets sowie alle Termine findet ihr auf eoft.eu.

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