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Adventure

Die schnellste Zipline der Welt: Adrenalinschub am Drahtseil bei 160 km/h

In Nordwales erwartet Besucher neben der Rekordgeschwindigkeit auch eine Zipline in ein 400 Meter tiefes Bergwerk

Von Helen Abramson

Bei der Überlegung, wo die schnellste Seilrutsche der Welt zu finden ist, wird man wahrscheinlich nicht direkt an Wales denken. Doch im Herzen von Snowdonia erwartet Besucher zudem die längste unterirdische Zipline, die 400 Meter unter Tage in ein Bergwerk führt.

Nach Jahren der Enttäuschungen gab ich die Idee nicht auf, dass Ziplining am richtigen Ort vielleicht ja doch seinen Reiz haben könnte. Die Episode von South Park „I Should Never Have Gone Ziplining“ hatte zwar erneut Zweifel geweckt, aber allein die Daten und Fakten der Anlage in Nordwales sollten mich umstimmen, es erneut zu versuchen.

Credit: Helen Abramson
Credit: Helen Abramson

Im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert war Nordwales die Hauptquelle für Schiefergestein, heute befindet sich im Gebiet der Schieferminen dieser riesige Abenteuerspielplatz für Erwachsene. Die unterirdische Zipline ist Teil eines insgesamt 5 km langen Kurses, bestehend aus neun verschiedenen Anlagen, die nur über Traversen und Aufstiege erreichbar sind. Du tauchst ein in die Dunkelheit, um Nervenkitzel zu erleben, realisierst aber sofort, welch hartes Alltagsleben die Arbeiter in den Minen damals hatten. Am Ende stehst du schließlich am tiefsten Punkt von England, 400 Meter unter der Oberfläche.

„Du tauchst ein in die Dunkelheit, um Nervenkitzel zu erleben, realisierst aber sofort, welch hartes Alltagsleben die Arbeiter in den Minen hatten.“

Zurück an der Oberfläche transportiert mit Velocity die schnellste Zipline der Welt die Passagiere mit einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von 160 km/h über die Hügel. Hier wurde mit 191,5 km/h auch ein neuer Geschwindigkeitsrekord aufgestellt – das ist so schnell wie ein Skydiver, kurz bevor er seinen Schirm entfaltet.

Ich entschied spontan, mich vielleicht noch nicht sofort mit der Velocity aufzuwärmen, meine Aufregung am Start stieg ins Unermessliche. Das Unternehmen hinter den Ziplines ist ZipWorld, ein expandierender Konzern für Abenteuerspielplätze. Die Firma bietet mehrere Abenteuerkurse an, doch Velocity bildet das Hauptprojekt. Der Höhenunterschied beträgt über 200 Meter und mit einer Länge von 1,6 km ist es die derzeit längste Line in Europa.


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Als Warm-up zieht es mich vorerst zu einer kleineren Seilrutsche, bei der man auf einer Länge von 420 m auf bis zu 65 km/h beschleunigt werden kann. Bevor Velocity entstand, war dies eine der längsten Ziplines der Insel. Kopf voraus fühle mich wie eine menschliche Kanonenkugel, die gleich abgefeuert wird.

Das Personal tauscht sich aus und gibt mein Gewicht an alle Mitarbeiter der Line weiter. Man zählt von 3 runter und schickt dann zwei Personen gleichzeitig auf die Reise Richtung Tal. Es geht über Baumkronen in einem angenehmen Tempo, bevor man schließlich wieder abgebremst und von den Gurten befreit wird. Dann geht es in einen Truck, der uns langsam zurück über die extreme Steigungen zu Velocity bringt.

„Ich fühle mich wie eine menschliche Kanonenkugel.“

Nachdem einige der Crewmitglieder jetzt mein Gewicht kennen, werde ich angezählt und dann auf die Strecke geschickt. Einen Moment schießt mir durch den Kopf, was passieren würde, wenn das Drahtseil in dem Moment reißt, wenn ich mich 450 Meter über dem Boden befinde, doch das System kann bis zu 27,7 Tonnen tragen. Die Info beruhigt.

Direkt vom Startpunkt erhöht sich sehr schnell der Speed. Baumkronen und die Erde unter mir verschwimmen aufgrund der Geschwindigkeit zu einer Masse, bevor ich über den türkisfarbenen See gleite. Es ist ein beinahe surreales Gefühl, als würde man sich in einer Art Virtual Reality befinden, bis das Bremssystem greift und ich wieder Boden unter den Füßen spüre.

Das war mit Abstand die beste Zipline, die ich je erlebt habe, und ich muss grinsen vom Adrenalin, das noch durch meinen Körper rauscht.

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An dem darauf folgenden Tag legte ich einen kurzen Zwischenstopp bei einem weiteren ZipWorld-Standort in Betws-y-Coed ein. Dort kann man sich von der Spitze eines 31 Meter hohen Baumes stürzen, gesichert mit einem Gurt, der mit der „Powerfan-Technologie“ ausgestattet ist. Dieser simuliert das Gefühl eines Freefalls, indem dich die Seiltechnik erst kurz vor dem Boden abbremst. Der Baum ist respekteinflößend hoch. Ich habe normalerweise keine Angst vor Höhen und stehe für gewöhnlich in der ersten Reihe, wenn es um die Möglichkeit geht, sich einen Adrenalinkick abzuholen. Aber dieser schlaksige Baum in der Mitte eines Parkplatzes hat mich die Nerven verlieren lassen.

Stetig kletterte ich den Stamm nach oben, ohne nach unten zu blicken. Ich hängte mich oben ein und bevor ich wusste was ich tat, bewegten sich meine Zehen schon über die Kante und ich sprang ab. Ein paar Sekunden später lebe ich noch und der freie Fall fühlte sich irgendwie eher an wie schweben.

„Ich befinde mich in der Nähe des historischen Minendorfes Blaenau Ffestiniog, um die Go Below Ultimate Xtreme Zipline in Angriff zu nehmen.“

Noch immer vollgepumpt mit Adrenalin, parke ich mein Auto für den finalen Nervenkitzel. Ich befinde mich in der Nähe des historischen Minendorfes Blaenau Ffestiniog, um die Go Below Ultimate Xtreme Zipline in Angriff zu nehmen.


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Ewan und Duncan, unsere Guides für den Tag, begrüßten uns warmherzig und statteten uns mit dem nötigen Equipment aus: Helm, Gurt, Gummistiefel und Stirnlampe. Dann ging es auf einen 30-minütigen Aufstieg durch ein ruhiges Dörfchen vorbei an einem schönen See. „Ich habe die meiste Zeit im Untergrund verbracht; Ich bin auch ein Höhlenguide, aber ich bevorzuge die Minen. Es gibt dort unten so viel zu erkunden – heute werden wir nur die Spitze des Eisbergs sehen“, erzählt Ewan.

Wenn wir in der Nähe eines Abgrundes waren, wurden wir mit Karabinern gesichert, sodass niemand abstürzen konnte. Dann ging es in die verlassene Mine.

„Dann ging es in die verlassene Mine.“

Bevor es komplett dunkel wurde, fiel mir die Kälte auf. An alten, rutschigen Schienen entlang, geht es vorbei an einem stillgelegten Wagon. In der Mine war noch immer fast alles genau so, wie es damals war, es wurden keine zusätzlichen Brücken oder extra Plattformen verbaut.

Unser erster von 9 Zips ist gleich der längste mit dem Namen Goliath auf 130m Länge und sehr steil. Trotzdem fühlt sich die Fahrt aufgrund der Sitzvorrichtung gemütlich an. Duncan startet eine Testfahrt und gibt ein Signal, sobald er am Ende angekommen ist und auch wir steigen in die Tour ein.

Credit: Go Below
Credit: Go Below

Wir kommen durch Tunnel und gelangen in große Höhlen, müssen sogar manchmal durch knietiefes Wasser waten, laufen an historischen Orten vorbei. Die unheimliche Atmosphäre wird von Ewan untermalt mit seinem Pfeifen der Titelmelodie von Kill Bill und Erzählungen zur faszinierenden Geschichte des Ortes.

„Die unheimliche Atmosphäre wird von Ewan untermalt mit seinem Pfeifen der Titelmelodie von Kill Bill und Erzählungen zur faszinierenden Geschichte des Ortes.“

Nach rutschigen Kletterpassagen überqueren wir verrottete Brücken, die vor über einem Jahrhundert aus kanadischen Baumstämmen gewimmert wurden und versuchen währenddessen, nicht in die schwarze Tiefe unter uns zu schauen. Eine Zipline startete von einem Stück der alten Eisenbahnschienen und führte scheinbar ins Nichts. Dem Equipment blind zu vertrauen, war die einzige Möglichkeit, nicht die Nerven zu verlieren.

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Die Zeit scheint im Untergrund schneller zu vergehen, mit sieben Stunden waren wir fast den ganzen Tag in der Mine. Es ist Zeit für die finale Challenge: der Sprung des Vertrauens. Ein 21 Meter hoher Jump, gekoppelt mit einem ähnlichen System wie der erwähnten Powerfan-Technologie.

Als wir mit einem Grinsen im Gesicht wieder an der Oberfläche ankamen, fühlte sich das so an, als wenn man aus dem klimatisierten Flugzeug aussteigt und die Hitze der Tropen das erste Mal zu spüren bekommt. Es waren ereignisreiche, bemerkenswerte Tage und es ist offiziell: Zipline-Abenteuer können doch cool sein.

Credit: Go Below
Credit: Go Below

DO IT YOURSELF

  • Mit Auto zu den verschiedenen Locations anzureisen, ist ratsam und die bessere Alternative zu Busse und teuren Taxis. Avis hat eine Mietstation bei der Llandudno Junction Station.
  • Übernachten kann man für 21 Euro in dem gemütlichen Eagle’s Bunkhouse in Penmachno in der Nähe von Betws-y-Coed.
  • Das Go Below Ultimate Xtreme Abenteuer kostet 90 Euro und dauert den ganzen Tag. Die Wochenenden sind schnell ausgebucht.
  • Velocity von Zipworld kostet 70 Euro und dauert zwei Stunden, während die zehnminütige Plummet bei 11 Euro liegt.

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