Im Rahmen der Bike Film Tour in München hatten wir die Gelegenheit, mit Stefanie Burkert (Managing Director Germany) und Lena Kleine-Kalmer (Communications Manager) von World Bicycle Relief zu sprechen. Anlass war die Premiere des Films Building the Buffalo, der die Entwicklung und die Wirkung des speziell für den Globalen Süden konzipierten Buffalo Bicycles zeigt.
Im Interview sprachen wir über die Entstehung des Fahrrads, die Herausforderungen und Erfolge der Organisation sowie die ambitionierten Ziele für die kommenden Jahre.
Stefanie Burkert: Wusstest Du, dass fast eine Milliarde Menschen weltweit keinen Zugang zu erschwinglichen Transportmitteln haben?
Nein. Nicht wirklich. Aber eine beeindruckende Zahl.
Lena Kleine-Kalmer: Ja, diese Zahl stammt von der Weltbank und ist wirklich erschreckend. Besonders betroffen sind Menschen in ländlichen, strukturschwachen Regionen, wo es kaum verlässliche Transportmöglichkeiten gibt. Das hat massive Auswirkungen auf den Alltag: Wie komme ich zur Schule? Wie erreiche ich ein Krankenhaus? Wie bringe ich meine Waren zum Markt? Ohne Mobilität bleibt die Reichweite der Menschen extrem eingeschränkt.
Genau hier setzt World Bicycle Relief an, oder?
Stefanie Burkert: Richtig! Während es bei Fahrrädern in unserer Welt oft um Geschwindigkeit, Leistung und Hightech geht, verfolgt World Bicycle Relief eine ganz andere Mission. Unser Ziel ist es, Menschen durch verlässliche, erschwingliche Mobilität zu stärken. Dafür haben wir von World Bicycle Relief das Buffalo Bicycle entwickelt – ein extrem robustes, wartungsfreundliches Fahrrad, das speziell an die Bedürfnisse in diesen Regionen angepasst ist. Wir sorgen auch dafür, dass Ersatzteile verfügbar sind und bilden Mechaniker:innen vor Ort aus, um nachhaltige Lösungen zu schaffen.
Wann wurde World Bicycle Relief gegründet?
Lena Kleine-Kalmer: Die Idee entstand ursprünglich aus einem Katastrophenhilfe-Projekt. Nach dem Tsunami 2004 in Sri Lanka wollten F.K. Day, Mitbegründer von SRAM, und weitere Unterstützer der Fahrradindustrie gezielt helfen. Sie reisten vor Ort, um zu entscheiden, wo sie am besten unterstützen können. Schnell wurde klar: Mobilität ist essenziell. Straßen waren zerstört, Autos selten – Fahrräder konnten den Menschen helfen, schneller wieder in ihren Alltag zurückzufinden, Dörfer wiederaufzubauen und Kinder zurück in die Schule zu bringen.
Stefanie Burkert: Was damals als einmalige Hilfsaktion gedacht war, entwickelte sich schnell weiter. Man erkannte, dass Mobilität nicht nur in Krisensituationen, sondern langfristig eine zentrale Rolle spielt, um Armut zu bekämpfen und Zugang zu Bildung, Gesundheit und wirtschaftlichen Möglichkeiten zu schaffen. So wurde World Bicycle Relief gegründet – mit der Mission, Menschen durch Fahrräder ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen.