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Wild Days EOFT Alexandre Marchesseau

Adventure

EOFT 25: Wild Days – eine außergewöhnliche Expedition durch das Denali-Massiv

Ein Gespräch mit Alexandre Marchesseau über Freundschaft, Freiheit und das große Abenteuer in Alaska.

Mit dem Film „Wild Days“ kehrt die European Outdoor Film Tour 2025 (EOFT) zu ihrem Ursprung zurück: Geschichten, die mehr sind als sportliche Rekorde. Es geht um Menschen, die hinausgehen, um die Welt wieder zu spüren.

Vier Freunde, ein Ziel: 50 Tage völlige Autonomie in Alaska.

Ohne Support, ohne Strom, ohne Kontakt zur Zivilisation. Nur sie, ihre Ski, Pulkas, Packrafts und die grenzenlose Weite des Denali-Massivs.

Alexandre Marchesseau

Alexandre Marchesseau ist 35 Jahre alt und Bergführer aus Chamonix. Seit Jahren lebt er das, wovon viele nur träumen: das Draußen-Sein als Lebensinhalt. Gemeinsam mit seinem Freund Hélias Milorieu plant er Expeditionen, bei denen es nie nur um Gipfel geht, sondern um die Art, wie man sie erreicht.

„Seit 2019 versuchen wir, Gebirgsketten komplett zu überqueren, mit Ski und Packrafts“, erzählt er.

„Unser Stil ist einfach: leicht, autonom, ehrlich.“

Die Idee zu Wild Days entstand, als Alexandre zu Hause in der Bretagne alte Alaska-Karten studierte. „Ich sah diese Linie durch das Denali-Gebirge. Einmal quer, und dann die Flüsse bis ans Meer. Ich wusste sofort: Das ist es.“

Hélias war sofort dabei, ebenso Aurel und Chris, zwei befreundete Bergsteiger. Doch sie wollten mehr als eine Expedition mit Flugzeug und Basislager. Ihr Ziel war es, von Norden nach Süden zu ziehen, auf Ski über Denali und Foraker, weiter bis zur Küste. Fünfzig Tage allein in der Wildnis.

Wild Days EOFT Alexandre Marchesseau

Ein Start mit Hindernissen

Der ursprüngliche Plan sah vor, ganz ohne Flugzeug in die Berge zu gelangen. Doch schon am ersten Tag machte ein amerikanischer Ranger das unmöglich. „Er fragte nach unseren Bärenkanistern, große Plastiktonnen, in denen man Lebensmittel aufbewahren muss“, erinnert sich Alexandre. „Wir hätten vierzig Stück gebraucht. Drei Kilo pro Kanister. Das war völlig unmöglich.“ Also mussten sie fliegen. Der Traum von völliger Unabhängigkeit bekam gleich zu Beginn einen Dämpfer.

Der Flieger setzte sie bei Kantishna, einer verlassenen Minenstadt, im frischen Schnee ab. „Das Flugzeug sank einen Meter ein, wir mussten es freischaufeln, bevor es wieder starten konnte.“ Danach begann der Weg. Endlos, still und unglaublich schwer. „Unsere Pulkas wogen über hundert Kilo. Wir schoben den Schnee vor uns her, statt ihn zu ziehen. Nach hundert Metern wussten wir, dass es lang wird. Also sagten wir uns:

Denk nicht an fünfzig Tage, denk nur bis heute Abend.“

Wild Days EOFT Alexandre Marchesseau

Zwischen Sonne, Sturm und Stille

Die ersten Tage waren fast frühlingshaft. Dann kam der Bruch: ein Polarsturm mit Schnee und minus zwanzig Grad. „Plötzlich war alles weiß, lautlos, leer“, erzählt er. „Wir liefen durch den Wind, in Gedanken und Bewegung ganz langsam. Solche Tage dehnen die Zeit.

Du lebst nur noch in Momenten: ein Schritt, ein Atemzug, ein Schluck Kaffee.“

Im Camp brauchten sie morgens zwei Stunden, um zu packen. Der Kocher brannte, die Kaffeekanne dampfte. „Kaffee war unser Ritual. Ohne ihn wären wir nicht losgegangen.“

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Zwei Welten am selben Ort

​Nach zwei Wochen in der Wildnis erreichten sie das Denali-Basecamp. „Es war absurd“, erinnert sich Alexandre. „Wir kamen ungewaschen, mit Rissen in den Händen, und neben uns stiegen Bergsteiger aus dem Flieger, frisch rasiert, mit Hotelduft. Wir waren am selben Ort, aber in zwei völlig verschiedenen Welten.“

Sie bestiegen den Denali über den Orient Express-Couloir, eine steile, elegante Linie oberhalb von Camp 4, und kurz darauf den Foraker über die Sultana Ridge. „Vier Tage auf diesem Grat, wild, schön, fordernd.

Es war einer der intensivsten Abschnitte meines Lebens.“


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Vom Schnee ins Wasser

Nach den Gipfeln begann der Abstieg Richtung Küste. Auf dem Gletscher sahen sie zum ersten Mal wieder Gras. Das war das Zeichen: Es war Zeit für die Boote.

„Wir hatten Prototypen, nur drei Kilo schwer, ursprünglich für eine Militärexpedition gebaut. Sie waren genial, innen mit Reißverschluss, alles trocken verstaut.“ Doch das Wasser war wild, stellenweise Klasse IV, und die ultraleichten Boote bogen sich in den Wellen. Einmal kenterte Hélias, aber sie kamen glimpflich davon.

Dann, am neunundvierzigsten Tag, kam der Moment, der alles veränderte. Sie wollten die Gezeiten ausnutzen, paddelten in den Fjord, als plötzlich der Wind drehte. „Der Sturm kam frontal, wir wurden aufs Meer hinausgetrieben. Irgendwann mussten wir aussteigen und zogen die Boote durch den Schlick. Ich war erschöpft, blieb zurück und plötzlich sank ich ein.“

Wild Days EOFT Alexandre Marchesseau

Bis zu den Knien, dann bis zur Hüfte. Seine Freunde waren schon weit voraus, der Wind verschluckte seine Rufe.

„Ich dachte, das war’s.”

“Ich blieb still, nur nicht bewegen, sonst sinke ich weiter. Dann sah ich mein Boot, zog es heran und fand darin eine kleine Schaufel. Ich grub mich frei. Zwei Stunden später erreichte ich die anderen. Aber dieser Moment hat sich eingebrannt.“

Am nächsten Morgen trennten sie sich zum ersten Mal in fünfzig Tagen. Zwei gingen zu Fuß, zwei mit dem Boot. Abends, als die Strömung endlich abebbte, glitten sie ruhig ans Ufer, fanden einen kleinen Wasserfall mit frischem Wasser. „Tag neunundvierzig. Vor uns die Lichter der Stadt. Wir wussten, es ist geschafft.“

Wild Days EOFT Alexandre Marchesseau

KEIN klassischer Bergflim

Gefilmt wurde alles von den vier selbst. Keine Filmcrew, kein Drehbuch. „Wir hatten DSLRs, GoPros, eine 360-Grad-Kamera, eine Drohne. Der Regisseur Yohan Guignard hat uns einfach vertraut.“ Über achtzig Stunden Material brachten sie zurück nach Frankreich.

Im Schnitt entstand über viele Monate ein Film, der weit über klassische Bergfilme hinausgeht. Langsam, poetisch, mit langen Einstellungen und echter Stille. „Wir wollten, dass der Zuschauer die Schwere, die Leere und das Licht spürt.

“Wild Days ist kein Actionfilm, es ist eine Erfahrung.“

Die Produktion übernahm L’Endroit Film, die sonst eher Arthouse-Dokumentationen drehen. „Das war perfekt. Sie gaben uns die Zeit, die wir brauchten. Sechs Monate Schnitt, zwanzig Versionen, bis der Film seine Form fand.“

Das Ergebnis ist eine Stunde und zweiundzwanzig Minuten Wildnis, Reduktion und Freundschaft. Der Film wurde beim Banff Mountain Film Festival als “Best Snow Film” ausgezeichnet, eine seltene Ehre für ein französisches Team auf einem amerikanischen Berg.

Abenteuer als Haltung

Für Alexandre ist Wild Days mehr als ein Film. Es ist ein Statement.

„Abenteuer bedeutet nicht, immer weiter, höher, extremer zu gehen.

Es geht darum, wo du beginnst und wie du gehst.“

Viele junge Zuschauer kämen nach den Vorführungen auf ihn zu. „Sie sagen, alles sei schon gemacht, gefilmt, geteilt. Aber das stimmt nicht. Du kannst dein eigenes Abenteuer leben, selbst zwei Tage im Wald mit einem Schlafsack im Dezember. Dieses Gefühl, klein zu sein in der Natur, das ist dasselbe, das wir in Alaska hatten.“

Neben dem Film erscheint nun auch ein Buch, das Alexandre gemeinsam mit seinen Freunden geschrieben hat. „Ich liebe Expeditionen, aber immer mehr geht es mir um das Erzählen. Der Film, das Buch, vielleicht bald ein Podcast. Ich will zeigen, dass Abenteuer kein Ziel ist, sondern eine Haltung.“

Wild Days läuft im Programm der EOFT 2025.

Die Termine und Tickets findet ihr hier:


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